Auf der Suche nach meinem Leben

 

   
       
   

 

 

New York

36 Fuller Terrace


In den Weihnachtstagen fiel die Entscheidung. Ich sollte nach Amerika! Onkel Ernst, der jüngste Bruder meines Vaters hatte in New York die Buchhandlung von Westermann und Co. Er hatte mich eingeladen. Aus eigenem Antrieb sicherlich nicht. Wie es dazu gekommen ist, ist mir bis heute nicht ganz klar. Offenbar hat meine Mutter meinen Lebenszustand erkannt und als „deus ex machina“ eingegriffen mit feinem Takt. Die Hüter- Episode war noch nicht rein abgeschlossen. Es wurden immer wieder Versuche gemacht, mich für ihn einzunehmen. Wie es um mich stand, geht klar aus einem Brief aus New York hervor: „Du kannst der Tante Greti (eng befreundet mit Hüter) sagen, daß ich ans Heiraten einstweilen überhaupt nicht denke.“

Ich war meiner Natur ganz untreu geworden; so schlaff, verzagt und launisch, meine Leistungsfähigkeit und Unternehmungslust war bedeutend reduziert. „Ich möchte mit Dir und den Schwestern heiter und tätig sein, aber nicht noch einmal so etwas durchmachen. Meinem Herzen ist er sympathisch, aber meinem Verstand nicht, und ehe ich meiner nicht ganz sicher bin, komme ich nicht nach Königsberg.“

Immer wieder verlangte ich nach tieferer Ausbildung, nach dem Abitur, heraus aus dem Dilettantismus; immer wieder wurde es mir abgeschlagen. Meine Mutter sah eben in dieser Ausbildung eine Gefahr. „Dann kriegst Du vollends keinen Mann“, denn heiraten sollte ich, aber den Rechten. Daß ich in kleinliche spießbürgerliche Verhältnisse nach meinen Anlagen, meiner Erziehung und der gesamten Tradition in unserer Familie nicht paßte, sah sie klar und deutlich. Daß die Verhältnisse später stärker waren, als ihre Einsicht und ihr Instinkt, war nicht ihre Schuld. Wie nach Hebbel192 das Brechen der Weltzustände den Boden für die Tragödie bilden, da durch sie auch wertvolle und tüchtige Menschen ohne ihr Verschulden in Schuld verstrickt werden, so bildete das Brechen mit den überlieferten, gewohnten Zuständen in unserer Familie den Boden aus dem die Tragödie meines Lebens herauswuchs.

Noch war ich aber eingebettet in die Großfamilie, in der einer für den andern einstand und sorgte, noch war der alte Lebenszuschnitt vorhanden der uns unsern Platz in der Gesellschaft gab, denn noch hatte, wenn mein Vater auch schon 4 Jahre von uns fort war, die Firma Georg Friedrich Lemke ihren alten Ruf, noch war das Vermögen vorhanden, das als schützende Hülle unser Leben im Haus, in der reichen Familie und in der Gesellschaft umgab.

Am 3. Januar 1902 sollte die Reise in die weite Welt losgehen. Aber kein wehmütiges Abschiednehmen machte sich breit, das Reisen war bei uns etwas Selbstverständliches; schwer wurde es meiner Mutter trotz allem mich fortzugeben, aber sie versteckte es hinter einem Scherz; sie hatte einen blauen Fleck am Arm und sagte lachend: „Wenn der Fleck grün ist, bist Du schon auf dem Ozean!“ Der harmonische Abschiedsabend war eine stärkende Reisezehrung und ich reiste wohl in die weite, aber nicht in eine fremde Welt. Bis Berlin geleitete mich mein Bruder Walter und brachte mich zu Tante Marie. Am andern Tag Besuch bei Onkel Hugo193 einem Bruder meiner Mutter, der uns alle immer sehr warm bei der Durchreise aufnahm, wir genossen das Pergamon Museum und nahmen dann mit Martha und ihren Eltern Geheimrat Gillet, die nach Berlin versetzt waren, das déjeuner im Palasthotel ein. Walter und ich strolchten dann in Berlin herum und dann nahmen wir Abschied voneinander. Am 2ten Tag war ich mit meiner einzigen Freundin Martha noch zusammen, dann mit Tante Marie, die so glücklich war, wenn ich kam und zum déjeuner war ich von Alfred in den Kaiserhof geladen und abends ins Schauspielhaus. Onkel Alfred hatte sich sehr bemüht noch eine Karte zu bekommen, es war aber ein Platz in einer Einzelloge; da sagte Tante Johanna: „Wenn du heute abend in Deinem Pelz allein in die Loge trittst, denken die Leute du seist eine ausländische Prinzessin“. Das Gefühl, als wir in dem hübschen besser eleganten Hotelzimmer wo ich mich ausruhen und ankleiden sollte, der Tee und ein Imbiß gereicht wurde, ist bis heute in mir lebendig. So getragen von den Verhältnissen, so umschmeichelt, so geliebt von den Menschen, wie sollte ein junger Mensch von solch unverbrauchter Genußfähigkeit, von so viel aufgespeicherter Kraft nicht froh sein! Im Wagen fuhren wir ins Theater, ich sah „Das große Licht194 mit den damals berühmten Schauspielern Malkowsky und Christians, anschließend supper in dem bekannten Weinrestaurant Treppchen, welche Stimmung! An jenem Abend erlebte ich auch die Einweihung des Domes in Berlin195. Ich höre noch das Glockenläuten, sehe die Gestalt des Redners, die sich gegen den klaren Himmel abhebt, aber wann diese Feier im Winter am 5. Jan. im Freien stattfinden konnte – mein Tagebuch verzeichnet sie im Anschluß an das Theater – ist mir völlig schleierhaft.

Am andern Morgen Abfahrt nach Bremen. Wieder waren mir die Wege geebnet. Tante Johanna hatte mich einer Offiziersfamilie empfohlen. Onkel Paul einem Geschäftsfreund Herrn Ehlers. Bei dem spießbürgerlichen Bremer wurde ich zum Mittag geladen, eine trauliche poetische Teestunde und einen unterhaltsamen Abend mit der schönen Frau in den eleganten Räumen verlebte ich bei von Reinkens. Ich habe immer bedauert, daß ich das Band habe zerreißen lassen; aber der Eindrücke waren zu viele, und Gastfreundschaft und Güte erschien als etwas Selbstverständliches. Abends heulte der Sturm ums Haus. Im Gegensatz zu der warmen geborgenen Häuslichkeit wirkte das beängstigend und Reinkens fragten, ob ich mich nicht fürchte. Aber ich war ganz Unternehmenslust und unter Sonnenschein und Musik bestieg ich am andern Tag in Bremerhaven Wilhelm d. Großen196.


Muß i denn, muß i denn zum Städtle hinaus“


Schiff Kaiser Wilhelm der Große


Schiff Kaiser Wilhelm der Große


Es war eine festliche erwartungsvolle Stimmung an Bord des wunderbaren damals größten Ozeandampfers. Auch hier überkam mich kein Gefühl der Verlassenheit, wie ich es später in meinem Leben so oft empfunden habe. Reinkens hatten mich Hauptmann Ruperti und seiner Schwester Frau Voigt empfohlen, feinen, lieben Menschen, die sich sofort um mich kümmerten. Das war gerade in den ersten Tagen, wo mir alles fremd war, von besonderer Bedeutung. Ich hatte keine „outside cabin“ wie Frau Voigt, sondern bekam meine Luft nur durch die Korridore. Das war besonders schlimm in der Nacht und im Kanal. Ich wachte ganz schwindlig auf und die allerseits gefürchtete Seekrankheit drohte mich zu packen. Da gab mir Frau Voigt einen Morgenrock, nahm mich in ihre Kabine auf ihr Bett, öffnete die Luke, die herrliche Seeluft ließ mich tief aufatmen und bald war die Gefahr vorüber. Als ich in der folgenden Nacht matt aufwachte, ging ich gleich an Deck. Ein Steward brachte mich in den großen Gesellschaftsraum. Auf einem der wunderbaren Sofas mit zahllosen Kissen und Decken schlief ich bald ein, die See rauschte und die würzige Seeluft strömte durch die zahlreichen Luken auf beiden Seiten des Schiffes in den Saal. Erquickt ging ich früh morgens in das leere große Wasch- und Badezimmer, machte meine Turnübungen auf Deck, lag in Decken gepackt in meinem Stuhl an Bord bis es zum Frühstück gongte. Wenn die andern Passagiere seekrank und übernächtigt aus ihren luftlosen Cabinen schwankten, saß ich im Speisesaal und genoß die zahlreichen Gänge des märchenhaften amerikanischen Frühstücks! Beim lunch sitze ich rechts von Kapitän Högemann als seine Schutzbefohlene. In Southampton machen wir 3 Stunden Halt. Eine Rundfahrt mit Rupertis zeigt mir ein Stück englischen Lebens. Die schwarzen police men, die saloppen Soldaten, die vielen winzigen Einfamilienhäuser mit einem Fenster Front fielen mir besonders auf. Es war nur ein ganz flüchtiger Eindruck, aber das machte mir nichts aus; ich rechnete bestimmt mit einem Besuch in London auf der Rückreise. Nie hätte ich gedacht, daß ich mein ganzes Leben lang nicht mehr nach England kommen sollte! Unter schmetternder Musik ging es dann wieder in See. Im Kanal hatten wir die kurzen Stoßwellen, die meist als sehr unangenehm empfunden wurden. Viele waren schon seekrank und erschienen nicht mehr an der großartigen Mittagstafel. Mir sagte die Stuardess: „Wenn Sie bis jetzt nicht seekrank geworden sind, werden Sie es wohl auch nicht mehr.“ Sie behielt Recht, der Sherry und frische Luft und Turnübungen, also Atemgymnastik mußten mithelfen. Um 5 Uhr nachmittags waren wir in Cherbourg. Ich schrieb an meine Mutter: „Du machst dir keinen Begriff davon, wie himmlisch schön das war: Abendstimmung; die Festung als dunkler Streifen weit ins Meer hineinragend, graue Wolkenwand, Abendröte, das Meer wie flüssiges Metall, in der Ferne große Panzer und Kreuzer; ein Segelschiff gleitet dunkel vorbei und über allem steht hell leuchtend der Abendstern; die Musik spielt, ein kleiner Dampfer bringt neue Passagiere an Bord und weiter geht´s. Es ist später Abend geworden, eine kurze Zeit blickt man der Küste nach, die zum schmalen Nebenstreifen wird und schließlich ganz entschwindet.“

Heitere Abendunterhaltung mit Rupertis, Frau Voigt und einem Spanier. Spät erst sagen wir uns guter Dinge „buenas noches“. Wenn wir erwachen sind wir im Ozean!

Das merkte ich beim Erwachen. Alles hängt schief und schräg, hin und her werde ich geschleudert, keine Möglichkeit sich zu waschen. Schnell Mütze auf, Pelz an, auf Deck an die Luft! Den ganzen Tag fast liege ich in Decken gepackt auf Deck inmitten meiner Freunde. Am folgenden Tag versuche ich wieder in meiner Kabine zu schlafen. Namenlos schlecht ist mir beim Erwachen. Ich ziehe mich an, gehe nach bewährter Methode an Deck. Alles dunkel, kein Stuhl, kein Mensch. Ein Stuart erscheint als Retter: Es ist 3 Uhr nachts. Er führt mich ins Damenzimmer. Da lege ich mich hin und schlafe fest und ruhig wie daheim. Von dem Tage an blieb das Damenzimmer mein Nachtquartier. Am 5ten Tag hatte ich noch ein wunderbares Erleben. Ich sitze wie gewöhnlich an Deck, zeichne, lerne Spanisch; das Schiff stampft ruhig weiter; plötzlich juh, juh, juh, ritsch, ratsch. Schnell greife ich nach der Stange, an der mein Stuhl angebunden ist, und gewinne Halt; die Passagiere aber vor mir und neben mir rutschen unter Johlen und Schreien von den Liegestühlen zur Erde, Äpfel, Cakes, Teller, Mützen, Bücher alles findet sich friedlich gebadet in der Rinne zusammen. Und nun geht es herauf und herunter, tief nach der einen und tief nach der andern Seite. Ganz plötzlich hat der Sturm eingesetzt. Die Wellen gehen weit höher als der Schiffsrand, sie sind hoch oben ganz durchsichtig blau, schäumen, spritzen, brausen; eine großartiges Schauspiel.

Es wird dunkler und dunkler. Die Matrosen laufen in ihren Öljacken umher, nur noch 10 Menschen sind an Bord, ich als einzige Dame. Der Kapitän kommt vorbei und sagt: „Grobe See! Aber es wird bald besser!“. Ich bin so frisch, wie in all den Tagen nicht. Ich bin aber vom Seewasser ganz naß umspült, dazu eine Winternacht. An einer Leine versuche ich zu gehen. Ein Stuart hilft mir und bringt mich ins Damenzimmer. Nur mit größter Anspannung gelingt es ihm die vom Sturm verschlossene Türe zu öffnen. Am andern Morgen Sonnenschein, blauer Himmel, bewegte See. Ich stehe am Achterdeck, blicke auf die gewaltigen Schrauben und das schäumende Wasser und denke voller Dankbarkeit an die Heimat. –


Am 14. Januar 12 ½ Einfahrt in den Hafen von New York. Sonnenschein, blauer Himmel, Frost, liebliche Ufer, Himmelskratzer, gewaltig groß, in den Himmel ragend, glückverheißend die Freiheitsstatue. Wäre ich ihr doch treu geblieben! Hatten schon die Ozeanwellen viele Schlacken und Spinnweben von Herz und Hirn weggespült, jetzt fielen alle Ketten Deutschlands von mir ab, ich fühlte mich frei und glücklich. Vom Hafen her heißen zahllos wehende Taschentücher uns in Amerika willkommen, die Musik spielt, wir sind am Ziel. Warmer Abschied von meinen Reisegefährten. Liebevoll hatten sie mir die Brücke geschlagen vom alten Kontinent zum neuen. Am Hafen begrüßt mich Onkel Ernst. Ein Schauer überläuft mich heute noch, wenn ich an den Augenblick denke, wo ich den Boden Amerikas betrat. Ein neuer Mensch im neuen Land. Es war eine Sternstunde in meinem Leben.

Heute weiß ich es.


Orange

Fuller Terrace 36


Tante voler, sopra voler mi venne
Dall´esser su, ch´ad ogni passo mio
Al volo mio centia crescer le penne.

Dante, Purgatorio


Orange: eine stille Villenvorstadt, ½ Stunde Bahnfahrt entfernt von New York, bei meiner Ankunft tief im stillen Schnee – der weiße Hirsch197 fiel mir ein – Fuller Terrace 36 ein freundliches, bequemes Landhaus mit geräumiger Veranda an 2 Seiten des Hauses. Schon nach südlicher Mode, im Sommer voller Schaukelstühle. Unten die große Küche, mit dem Dauerbrandanthrazitherd und Schaukelstühlen, in denen Jane und Mary sich wohlfühlen konnten. Gerne saß ich auch bei ihnen, auf der großen Apfelkiste und ließ mir von den früheren Zeiten und Tante Kitty erzählen. Nie habe ich die Küche unsauber gesehen oder Hetze und Aufregung erlebt, und doch gab es drei warme Mahlzeiten; schon morgens 3-4 Gänge, und jeder bekam sein Frühstück entsprechend seiner Tätigkeit. Ein kleiner Aufwaschraum führte in das Esszimmer, daran schlossen sich das Wohnzimmer, living room, mit der bequemen Treppe zum oberen Stockwerk, das Billardzimmer und das parlor, das Besuchszimmer; kein langer Korridor, keine Entfernungen. Im ersten Stock die klaren Schlafräume, zwei zweischläfrige Betten, ein weißer Schreibtisch, eine Kleiderkammer hell und luftig, eine Schuhkammer. Mein ganzes Leben habe ich mich danach gesehnt. Auch im anschließenden Wohnzimmer der beiden Töchter keine Staubfänger, Klarheit, Sauberkeit, Ordnung und Marie und Hilde waren doch erst 16 und 18 Jahre alt und dazu seit Jahren ohne Mutter. Der Lebensstil ist eben erstaunlich einfach und fest, der Haushalt geht in den vorgezeichneten Linien gleich wie auf Schienen ohne Reibung, der persönlichen Initiative bleibt trotz allem reichlich Bewegungsfreiheit und vor allem mehr Kraft und Zeit weil die Hausfrau diese nicht für die elementarsten Arbeiten im Haushalt vergeuden muß wie die deutsche Hausfrau; denn schon vor 40 Jahren war die Haushaltsführung denkbar erleichtert und gut möglich ohne Hilfe. In jedem Stockwerk war ein Wasch und Baderaum, die Zeit für die Benutzung war genau festgelegt und jeder fügte sich mit ganzer Selbstverständlichkeit in die Ordnung. Wie disciplinlos wir Deutschen sind, und wie sehr diese im Grunde egozentrische Einstellung das Zusammenleben erschwert, wurde mir bei meiner Heimkehr erst recht bewusst. Die gerühmte und so geneidete amerikanische „Freiheit“ ist nur wohltuend und wahrhaft erstrebenswert im Zusammenhang mit „selbstgewählter“ Bindung“, d. h. im Falle Amerika mit bewusster oder unbewußter Einfügung in den staatlichen Lebensstil und der Rücksicht auf die „Freiheit“ der Mitmenschen. Diese seelische Grundhaltung, die mich als Atmosphäre damals so wohltuend berührte scheint heute dort zum klaren Bildungsziel geworden zu sein. Die große seelische Revolution fordert die Beschränkung des persönlichen Freiheitsstrebens durch den Dienst an der Menschheit. So las ich heute in einer amerikanischen Zeitschrift: „What are the two most dynamic motivations in the world? One is individual opportunity for profit; the other is dedication to the service of humanity. Alone amoung revolutions the American Revolution moves toward combining both these motivations into a single force with double dynamism.198 “To every American, no matter how sceptical of religion, something says: You were made free. Do not blaspheme by impairing the freedom of others; do unto others as you would be done by.” (p 28) “The American Revolution will not permit us to “improve” other people by annexing them.” “The American capitalism is the only free enterprise capitalism in the world which has been allowed to remain free and at the same time has been taught by law to respect the freedom of others” (p 30). Nur bei dieser grundsätzlichen Einstellung war es möglich, daß Angehörige aller Nationen sich unter der amerikanischen Flagge zusammenfinden und sich wie in einer zweiten Heimat wohlfühlen konnten. Bedenkt man weiter mit welcher Hochachtung die Frau, ja, jedes kleine Mädchen in diesem wunderbaren Lande behandelt wird, welche geistigen Entwicklungsmöglichkeiten sich ihr bieten, wie viel hemmende Grenzpfähle für mich persönlich wegfielen, dann ist es nur zu begreiflich, daß ich mit geblähten Segeln in diese neue Welt hineinfuhr.

In jenen 9 Monaten wurde ich neu geboren. Alles Tüchtige, was ich im Leben geleistet habe, alle glückreichen Stunden verdanke ich der dort geschöpften Kraft, aber auch alle Befehdung, alles Leid, meine Einsamkeit fließt aus jener Quelle.

Eine wahre Heimat habe ich im deutschen Land, bei meinem deutschen Mann, unter deutschen Menschen nicht mehr gefunden.

Sobald du Dir vertraust,
so bald weißt Du zu leben.
199


?ν?α κα?ε?δε πολ?τλαζ δ?ος Οδι??ευς
?πυω κα? καμ?τω καρ?μευος …


Die seelischen und körperlichen Erlebnisse und Anstrengungen waren in den letzten Wochen doch übermächtig gewesen; nach der ersten Begrüßung schlief ich wie Odysseus Tag und Nacht und abermals Tag und Nacht. Man störte und weckte mich nicht; danach wirkte sich das veränderte Klima, die andere Ernährung auf meinen Körper aus. In 9-10 Tagen hatte ich aber auch diese letzte körperliche Krise überwunden, meine Haut, „Teint“ sagte man damals, wurde ganz klar, mein ganzer Körper straffte sich, ich genoß das wonnige Körpergefühl, das nur aus dem harmonischen Zusammen eines gesunden Körpers und einer gesunden Seele fließt. Und daß auch meine Seele und mein Herz wieder gesund war, das spürte ich deutlich, als ein Brief von Hüter mich noch jenseits des Oceans zu treffen suchte. Seine Welt und die ganze Fülle sentimentaler Gefühle mit ihr waren in dem großen Wasser versunken. Ich schrieb damals meiner Mutter: „Ich bin jetzt so frei und froh und will mit Dir und den Schwestern froh sein; er beherrschte meine Gefühle, meine Pläne, Ideen, meine Weltanschauung und mein Denken aber nicht. Ich fühle jetzt, daß ich doch eigentlich recht lebhaft bin und noch ein Teil der „wilden Hummel“ alter Zeiten in mir steckt; wenn ich gezähmt werden soll muß ich mich erst wie die jungen Pferde auf weichem Acker müde laufen.“ Und dann folgte jenes Citat aus Dante, das ich als Leitmotiv über diesen Abschnitt meines Lebens gesetzt habe. Ich sprudelte. Als wir aus dem Paderewskikonzert200 kamen unterhielt ich mich auf der Platform der „elevated“ mit Marie´s music teacher. Sie versäumte darüber ihren Aussteigeplatz und mußte ein großes Stück weiter fahren und rief lebhaft: „Girl, why do you talk so intensely interesting! Why are you so fascinating!“201 Sie war ein sehr feiner Mensch. Ihre hübsche Zeichnung meines Profils ist leider im Laufe der Jahre verloren gegangen.

Das erste Gebiet, auf das sich meine neu erwachte Kraft und Energie stürzte, war natürlich die Sprache des neuen Landes. Das praktische Englisch der Haushaltsführung lernte ich in der Küche von Jane und Mary, das trug einfach die Luft mir zu; ich behielt was ich um mich sah und hörte mühelos, weil Auge, Ohr, Mienen und Bewegungen das Gedächtnis unterstützte. Meinen Fortschritten war es günstig, daß meine Vettern und Cousinen sich weigerten deutsch zu sprechen und zu lesen. Nach dem so frühen Tod ihrer entzückenden ganz amerikanischen Mutter, der Tante Kitty, war die jüngste Schwester meines Vaters, Tante Gretchen, zur Erziehung der halbwüchsigen Kinder herübergegangen und hatte die verwöhnten und als Amerikaner sehr selbstständigen, selbstbewußten jungen Menschen offenbar zu schulmeisterlich deutsch behandelt und in ihrem innersten Naturell verletzt. Das hatte einen Haß gegen alles Deutsche hinterlassen, den auch ich noch stark spürte, trotz meiner vollkommen anderen Einstellung und trotzdem ich selbst jung und sogar gleichaltrig war. Allein die Tatsache, daß ich eine erhebliche Menge von Kenntnissen besaß, dank meiner deutschen Erziehung, machte mich verdächtig. Mit Roland und Karl – der älteste Sohn Ernstie war damals in Paris – habe ich während meines ganzen Aufenthaltes nicht 3 Worte gewechselt. Zu den beiden Mädels hatte ich bald die Brücke geschlagen. Sie waren beide wohltuend frei von jeglichem Ehrgeiz und wollten nicht mehr scheinen als sie sind. Bei Hilde ging diese Einstellung sogar so weit, daß sie von sich selbst alles Schlechte erzählte und von den andern Menschen nur das Gute. Damals erschien mir das absonderlich, heute weiß ich, daß ihr von Grund auf goldenes Herz sie so sprechen ließ; auf Tante Gretchen hatte aber selbst das liebevolle Geschöpf einen so großen Haß, daß alle Versuche sie zum Deutsch sprechen zu bewegen fehlschlugen. Um ihres Vaters willen tat es mir leid, ich selbst aber wandte mich mit um so größerem Eifer der Lektüre der Zeitung zu, denn man hatte mir gesagt, daß dies das Buch sei das alle läsen und daß mit diesem Wortschatz die gewöhnliche Unterhaltung bestritten werde. In kurzer Zeit war ich so weit, daß ich folgen konnte, wenn sich die Herren mit einander unterhielten, wofür mir Onkel Ernst sein besonderes Lob zollte; daneben studierte ich mit deutscher Gründlichkeit die englische Literatur, las Chaucer202, Shakespeare203 und ein englisches Buch nach dem andern. Da ich auch dauernd englisch sprach war es kein Wunder, daß ich große Fortschritte machte; Mrs Brozy eine gescheidte Frau, mit der ich mich brillant unterhalten hatte, sagte zu Mr. Richy, dem Freund unseres Hauses: „I am lost in admiration with Miss Lemke´s English; she speaks without the last hesitation and the real american „th“.

204Das zweite Gebiet, das ich mir eroberte war das Schneidern meiner Kleidung. Meine Cousinen machten gerade im Hause einen Schneiderkursus durch, ich beteiligte mich sofort, und der Mut der jüngeren Mädels in den Stoff hinein zu schneiden übertrug sich auf mich und das Wunder geschah: ich konnte plötzlich schneidern; ja ich wagte sogar den Rock des Jackenkostums von Wannemakers zu ändern. Meine gesamte Sommerkleidung für Paris, Amsterdam, Wiesbaden habe ich mir selbst gemacht. Die Gewohnheit, auch im Winter helle Waschblusen zum Kostum zu tragen habe ich in Orange übernommen und mein ganzes Leben beibehalten. Im Winter gehörte dazu ein Vorsteck von künstlichen Blumen, im Frühjahr ein echter Veilchenstrauß auf dem Spitzenjabot.

Wie Selbstvertrauen und Mut die Rosse sind, die die Leistung nach sich ziehen, das erlebte ich auf dem dritten Gebiet, auf dem ich mich in Orange betätigte: dem Portraitzeichnen. Auf dem Schiff hatte ich damit begonnen; als ich erfuhr, daß Mr. Poors in seinem Studio Schülerinnen annähme, meldete ich mich sofort und stürzte mich auf das Zeichnen mit Feder und Kohle nach Vorlagen und lebendem Modell mit demselben Eifer wie auf alles, was ich unternahm. Die Technik mit Kohle, Watte und Gummi lernte ich beherrschen bis zur Meisterschaft. Landschaften nach der Natur, besonders Ölskizzen glückten mir weniger. Die Zeichnung von Onkel Ernst würde mich zur Aufnahme in die Akademie berechtigen sagte Mr. Poors und zu manch einer meiner Zeichnungen sagte er: „mightly good“. In meinem Tagebuch finde ich am 2 März verzeichnet: „Mr. Poors ist ein ausgezeichneter Lehrer. „Sehen Sie nicht Nase und Mund sondern Schatten, sehen Sie nicht Linien, sondern Flächen!“ das half mir gleich auf die Sprünge. Im kam am Freitag seelig nach Hause. Nun ich einen Menschen habe, den ich liebe (Cousin Lou) und eine Arbeit, die mich interessiert und ganz in Anspruch nimmt, bin ich vollkommen glücklich, und ich mag an die Zukunft nicht denken; wenn Glücklichsein darin besteht, daß man sich freut am andern Morgen wieder zu erwachen, wie Hilty sagt, bin ich es. Ich kann am Abend den kommenden Tag kaum erwarten.“

Abgesehen von diesen drei zielbewussten Arbeitsgebieten, beglückte mich die um mich unauffällig leise wirkende Atmosphäre: im Hause die lieben Menschen, der poetische Ort, der mit südlicher Kraft nahende Frühling, im Hintergrund die alles durchbrausende und belebende Großstadt und Weltstadt, die immer vor neue Probleme stellte, die anregten, und nicht drückten. Wenn ich heute nach 45 Jahren jene Stimmungslage mir hervorzaubere, wird mir bewusst, daß ich nie wieder so reibungslos und dabei so intensiv gelebt, nie wieder so tief geatmet habe wie in jenem Frühling, und der märchenhafte Zauber, der auf jener Zeit bis heute liegt und mein Leben bestrahlt scheint voll berechtigt.

Auf dem großen Hintergrund des New Yorker Lebens heben sich in meiner Erinnerung drei Ereignisse gleich Meilensteinen heraus: ein Gesellschaftsabend in New York, das Dinner des Prinzen Heinrich in der deutschen Gesellschaft, Shakespeare englisch auf der Bühne.


Mr. and Mrs Graef request the honour of your presence on Friday evening

Jan, 24 at 9 o´clock

Dancing


Ich war am 14. in den Hafen eingefahren, also erst 10 Tage in dem neuen Erdteil, keine Wunder, daß sich mir alle Einzelheiten dieses 2 tägigen Vergnügens bis zum feinsten stimmungsmäßigen Erleben fest eingeprägt haben; aber zum Überfluss und zur Stütze mögen die Tagebuchblätter dienen:


25.I 1902: „We must haste if we´ll still catch the train 440. Schnell packen wir unsere Kleider in den dazu bestimmten Koffer “dress suit case” und erreichen den geplanten Zug, der uns in ½ Std nach New York bringt. Die Fahrt bietet nichts Interessantes. Eine lange Zeit nur öde Strecken, dann überschwemmte Wiesen, die „salt meadows“, sie liegen meist brach. Das unschöne Newark, eine Arbeiter-Vorstadt von ungefähr 200 000 Einwohnern, hat neben New York keine Bedeutung. Kleine boys bieten Zeitungen, Journale, Schokolade an, legen auf jede Bank ein Stück „only ten pence“ und nehmen auf dem Rückweg das Nichtverkaufte wieder an sich. Der Zug hält. Wir eilen wieder, um das ferryboat zu erreichen, denn der Hudson River trennt uns noch von New York. Das ferry boat befördert täglich durchschnittlich 1 Million Menschen und nimmt zu gleicher Zeit 10-12 Wagen mit hinüber. Es ist inzwischen ½ 6 geworden. Die Sonne ist eben untergegangen. Der noch rot glühende Himmel gießt ein rosiges Licht über die eisfreien Wasserstellen und die durchsichtigen Eisschollen. Ein Duzend andere ferries, die den Verkehr zwischen den anderen Vorstädten und New York vermitteln, durchkreuzen den breiten Fluß und tragen von innen hell erleuchtet ihr Licht durch die winterliche Dämmerung. Jenseits des Wassers grüßt mich die Weltstadt, die von allen Seiten eingeengt sich zum Himmel recken muß. Ganz New York scheint illuminiert. Aus tausenden von Fenstern strömt ein solch funkelndes Licht wie aus den Brillantenläden unter den Boulevards in Brüssel bei Abendbeleuchtung, und diese Lichtmasse spiegelt sich in Eis und Wasser wieder. Der Mond hängt in greifbarer Nähe ganz rosig, ein Lampion, am stahlblauen Himmel, die Venus bestrahlt milde das Bild und das Geräusch der Fähre beim Durchbrechen der Eisschollen einem fernen Donner gleich ertötet und dämpft allen kleinen Lärm der Menschen. - - - -

Das Schütteln der Tram und der ganze Betrieb ist nicht großstädtisch und enttäuscht zuerst; ich höre aber, daß dies die letzte Strecke sei auf der Pferdebahnen benutzt werden. Der Wagen ist überheizt und überfüllt. Es dürfen hier so viel Menschen in die car, wie Füße Platz haben, wie vornehm ist dagegen der Betrieb in Berlin und Königsberg! Der Schaffner drängt sich mühselig durch das Durcheinander der taumelnden Menge: „2 transfers 34th street 6th avenue“. 10 Minuten gehen wir noch durch die belebten breiten wahrhaft großstädtischen sauberen Straßen mit den prachtvollen stores.“ Bei Abendbeleuchtung gefallen mir bis zum heutigen Tage alle Großstädte besser als am Tage; es mag wohl sein, weil man das Elend und die abgearbeiteten Gesichter in milderem Lichte oder überhaupt weniger sieht, denn in den Abendstunden verkehrt ein ganz anderes Publikum auf der Straße als am Tage.“


Parc Avenue Hotel“


Onkel Ernst empfängt uns in der Vorhalle. Sie ist ganz mit Schaukelstühlen und bequemen Sofas gefüllt, auf deren jedem mindestens 12 Kissen liegen. Ein Neger nimmt unsern Handkoffer ab, ein anderer führt uns in unser Zimmer“.

205In dem feenhaften Hotelsaal nehmen wir das Dinner ein – während ich dies schreibe durchlebe ich mit allen Sinnen neu die ganze Atmosphäre - . Mit Austern beginnen wir. Ich glaube außer „oysters“ kennt der Amerikaner nur „steak“ und „turkey“. Steak zum ersten Frühstück, zum lunch, zum dinner. In meinem ganzen Leben habe ich nicht so viel Steak gegessen, wie hier in 8 Tagen. Aber was für ein wunderbares, kräftigendes Nahrungsmittel! Steak, ice cream, ice water sind 3 Lebensbedingungen für den Amerikaner.

- - Es ist ½ 10. Der Wagen ist da. Ein paar rosa Nelken in Haar und Gürtel – ich bin bereit. „Misses Lemke, Mr. Lemke“ ruft laut ein Diener an der Türe des großen Saales, während wir eintreten. Wir sind damit den Gästen und unserer Wirtin vorgestellt und ihrer Tochter, der Heldin des Tages. Wenn hier ein Mädchen ballfähig wird, geben die Eltern, die es können, ein großes Fest und feiern und bekunden damit ihr Auftreten und Eintreten in die große Welt. – Die Toiletten sind sehr elegant, das Haar, besser der Knoten tront hoch auf dem Kopfe, den Nacken versteckt eine große Schleife. Indem ich noch meine Umgebung mustere, höre ich: Nun, gnädiges Fräulein, haben Sie noch viele Skitzen gefertigt? Ein Herr, den ich auf dem Steamer gesehen habe. Im Laufe des Abends lerne ich einen Herrn Funk kennen, den Tante Gretchen in alten Zeiten unterrichtet hat; manchen deutschen Walzer und den Cotillon tanze ich mit Herrn von Goßler einem Neffen des Oberpräsidenten206, der Königsberg gut kennt. Fast den ganzen Abend wird Two Step getanzt, aber von wenigen gut. Es sind zwei Schleifschritte und Polka dazwischen; ganz hübsch, aber kein Temperament und daher auf die Dauer langweilig.“

Um 12 Uhr supper; beginnend mit Austern und Sekt, unvermeidliches steak, ice cream, ice water und dazwischen knabbert man bezuckerte Mandeln.“

I know my business, nothing else“ sagt mein Tischherr, ein Uramerikaner, der kein Wort deutsch kann. Das ist bezeichnend.

Dies war das unvergessliche Fest im Waldorf-Astoria. Um ½ 3 sind wir in unserm Hotel.

Ich stelle die wundervollen langstieligen Rosen in Wasser und schlafe fest.


Am folgenden Tag Spaziergang durch die Straßen New Yorks, um 1 Uhr lunch in dem friedlichen Orange. - - - Hoch oben auf dem See, fern von albern weltlichen Getriebe. Bei Sternenhimmel und Abendbeleuchtung atme ich am Spätnachmitag mit neuer Wonne die würzige Winterluft und denke indem ich einsam still für mich auf der glatten Fläche meine Kreise ziehe, - - - - - an die Heimat.“


Am 23. Februar finde ich in meinem Tagebuch die kurze Notiz: „Die Kanonen donnern. Prinz Heinrich207 fährt bei sonnigem Frühlingswetter in den Hafen ein.“ „Das sind die stolzen Republikaner, die ganz aus dem Häuschen sind, wenn einmal ein Prinz kommt“ sagt Dr. Hoffmann.“

Mehr nicht. Aber in einem Brief an meine Mutter – sie hat meine Briefe sehr sorgfältig geordnet – fand ich noch reichliche Stützen für mein Gedächtnis, das dies große Erlebnis an sich schon treu und lebendig in Hirn und Herz bewahrt hat.


Albert Wilhelm Heinrich von Preußen


Der Prinz ist von seiner Tournée durch die U.S.A wieder nach New York zurückgekehrt. Er ist überall unendlich herzlich aufgenommen worden und hat sich seinerseits auch große Liebe erworben. Den stolzen Republikanern gegenüber hat ein Prinz es nicht leicht nach allen Seiten hin gerecht zu werden, aber er hat seine Mission zur allseitigen Befriedigung erfüllt.“ Das war das Urteil der Presse. Ich kann aber auch ein persönliches Urteil fällen; denn am 8. März waren meine Cousinen und ich auf dem „hohen Balkon“ mit den anderen Damen Zuschauer des „118th Anniversary Banquet of the German Society of the City of New York“, zu dem der Prinz als Gast erschienen war.


Das Waldorf-Astoria, 1903


Es ist ein Regentag. New York ist düster und schmutzig. An solchen Tagen sind Großstädte besonders trostlos. Eine „cab“ aber bringt uns wohlgeborgen samt unsern Koffern zu dem großartigen Waldorf Astoria. Die Einfahrt kann zur gleichen Zeit von 8 Wagen benutzt werden. In den Gängen herrscht schon lebhaftes Treiben.“

Ein Lift bringt uns in die „9th story“, Waldorf hat deren 15. In dem strahlend hell erleuchteten Zimmer vor großen Spiegeln war mir das Schminken an sich schon ein Genuß. Ich koste in der Erinnerung heute noch neu die Wonne, die mich erfüllte zur Gesellschaft zu gehören, von der Gesellschaft getragen zu werden. Ich bin ganz preußisch. Im weiß seidenen Kleid tief ausgeschnitten, ein schwarzes Sammetband um den Knoten geschlungen, auch das Madonnenbild am schwarzen Sammetbändchen um den Knoten geschlungen, mein Talisman seit der Einsegnung, so suche ich meine Loge auf. Ich kann den ganzen Saal überblicken und bin geblendet von dem rosigen Schimmer im wahrsten Sinn des Wortes: in großen hohen Sträußen schmücken die schönsten rosa Rosen 18 festliche Tafeln. Unzählige elektrische Lampen mit rosa Schirmen werfen über alles ein magisches Licht. Man zeigt mir die Tafel des hohen Gastes. Sie steht quer am Ende des Saales. Sein vis à vis ist eine Mauer von dunkeln Rosen, die balkonartig auf den weißen Damast fallen.

Der Saal füllt sich allmählich mit lauter Herren im Frack, „lauter Kellner“ nannte sie neulich mein Tischherr.

Ich kann sie nicht „unschön“ finden, damals nicht, und heute ganz und gar nicht. Mit wahrer Wehmut betrachte ich den Frack meines Mannes, wenn ich ihn 2 x im Jahr aus der Mottenkiste nehme! Und wie viel anderes Wertvolles, das zu den Grundfesten meines Daseins gehörte, ist noch nach dem Frack eingemottet und eingesargt!

Nun betrachte ich den Rest des Saales. Die Wände sind mit den Wappen der verschiedenen amerikanischen Staaten geschmückt, dazwischen ihre Flaggen und grüne Ranken. „Auf hohem Balkone die Damen in schönem Kranz208.“ Mir ist´s, als wäre ich ein Ritterfräulein, das von dem grün umrankten Balkon seinem Ritter zuschaut. Ich werde aus meinen Träumen, meinem Staunen geweckt, denn es wird nun auch auf dem Balkon lebhafter. Ein Toilettenluxus ist entfaltet, wie ich ihn in Europa nicht erblickt habe, und Diamanten funkeln und blitzen. –

Die Musikkapelle spielte sanfte deutsche Weisen, und leise summe ich die alten einfachen Volksklänge mit, die uns den Boden, auf dem sie jetzt erklingen, zur Heimat machen.

Plötzlich ertönt laut in seiner ganzen sieghaften Macht und Festigkeit: Heil Dir im Siegerkranz209 - - - es wird nun blendend hell im Saal, über dem Prinzentisch bestrahlt der deutsche Adler die vereinigten Flaggen der United States und des deutschen Reiches. Der Prinz tritt ein.“

Eine liebenswürdige, sympathische Erscheinung! Das ist der erste Eindruck, den man empfängt.“


Lied „Heil Dir im Siegerkranz“


Das lange diner beginnt. Prinz Heinrich unterhält sich lebhaft mit seinem rechten Nachbarn, dem in der ganzen Welt bekannten Carl Schurz210, zur Zeit Präsident der deutschen Gesellschaft. Sein Nachfolger auf diesem Posten wurde Onkel Ernst.“


Carl Schurz


Ein kleines Menu wird auch den Damen gereicht. Ich besitze die Karte noch:

Consommé en tasses
Côtelettes de Ris-de-veau avec pois
Salade de Volaille
Petites Glaces
Gâteaux
Café
Cladet Punch le 8. Mars 1902


Charakteristisch ist die durchgehende französische Führung auf diesem Gebiet.

In den Pausen kommen die Herren herauf zu ihren Damen. Sehnsüchtig blicke ich auf die zahllosen Rosen unten auf der Tafel. „Nur eine Rose von den vielen!“ entschlüpft meinen Lippen, - - nach kaum fünf Minuten steckt die schönste Rose in meinem Gürtel.

Ich blicke nun wieder hinunter in den Saal. Ice cream ist an der Reihe. Unzählige waiter durchziehen den Saal. Voran tragen sie das Eis in der Gestalt des deutschen Kaisers211, des Präsidenten Roosevelt212, des Prinzen Heinrich, der Yacht Hohenzollern213 und Meteor214, des Niederwald Denkmals215, kurz eine große Menge raffiniert ausgedachter Überraschungen, die wohl zu naiv waren, um deutschen Geschmack zu entsprechen. Jedenfalls waren die Amerikanerinnen entrüstet, als der Prinz so wenig seine Freude darüber äußerte und die „american girls“, auch meine „cousins“ konnten ihm nicht verzeihen, daß er ihr geliebtes „ice cream“ verschmähte.

Das diner ist beendet. Die Reden beginnen. Schwab, der Enkel des Dichters Schwab216, des Prinzen linker Tischnachbar, ist toastmaster. Schurz sprach als Erster.“

Die Reden kreisten alle um das politische Verhältnis zwischen dem deutschen Reich und den Vereinigten Staaten; mir war damals besonders wichtig, daß ich ein klareres Urteil gewann über die Stellung der Deutsch-Amerikaner zu ihrem neuen Vaterlande. Als letzter sprach der Prinz und dankte in schlichten Worten für den herzlichen Empfang, er betonte besonders, er hoffe, daß durch seinen Besuch das Vertrauen zwischen den beiden Nationen gewachsen sei. Er schien sich sehr gut zu unterhalten. Während der Männerchor „Prinz Heinrich von Preussen, Prinz Heinrich von Preussen“ bis in die Unendlichkeit sang aß er gemütlich seinen Apfel und unterhielt sich dann so lebhaft mit seinen Nachbarn, daß er 5 x dem waiter winken mußte, die Cigarette wieder anzustecken.

Der seltene Abend neigt sich seinem Ende zu. Schwab überreicht dem Prinzen ein „souvenir“ mit einer von Onkel Ernst verfassten und geschriebenen Widmung. Auch an uns Damen wird ein kleines Souvenir verteilt.“ Aber seltsam! Das „Souvenir“ ist verschwunden – ich weiß nicht einmal mehr, worin es bestand – die Erinnerung ist geblieben.

In zwei schweren Weltkriegen haben die zwei Völker auf einander geschossen; möchten meine Enkel erleben, daß die Erinnerung an schönere Zeiten neue und festere Brücken über den Ocean schlägt!


Wie meine erstarkte, frisch gebadete Seele alle persönlichen Erlebnisse zu großen innerseelischen Erlebnissen gestaltete, zeigte die Shakespeare Matinée und meine religiöse Erweckung durch Mr. Hodgden, reverend der „Congregational Church“ in der kleinen efeuumrankten Kirche im Tale. Das Läuten ihrer Glocken hatte mich buchstäblich hineingelockt. Drei ganz verschiedene Arten des Gottesdienstes habe ich in Amerika kennen gelernt: Die „High Church“, deren mächtig zu den Sinnen sprechender Ritus und äußere Pracht sich kaum von einem katholischen Gottesdienste unterscheidet.

Schon rein äußerlich gesehen steht die Gemeinschaftskirche und die verschiedenen Sekten in bewusst betonten Gegensatz zu ihr; keine Prachtgewänder, kein Talar, kein Altar; im schlichten Rock steht der Prediger neben einem einfachen Tisch; er ist ganz Geist, Herz und Seele und spricht nicht zu einer betäubten Masse, die ihr Eigendasein ganz aufgegeben hat und untergetaucht ist in der grenzenlosen Hingabe an eine übermenschlich große, unbegreifliche Gewalt, sondern zu dem klaren Geist, dem warmen Herzen, der starken Seele seiner Jesujünger, die er einzeln zu erfassen sucht.

Dazwischen stand die Kirche, die meine Verwandten und ich allsonntäglich besuchten, wenn ich nicht irre, die „Prebyterian Church“ ; ihr Gottesdienst hatte rein äußerlich vieles gemeinsam mit dem der „High Church“ war aber bedeutend gelöster und natürlicher selbst im Vergleich zum deutschen evangelischen Gottesdienst. Ich war am 27. März mit Hilde bei sonnigem Wetter nach South Orange gefahren per Rad. Auf dem Rückweg trafen wir Marie und den Minister der Presb. Church mit seiner Frau Mr. und Mrs. Purdy auf dem Rad. „Do come to church with us.“ Ich drehte um und fuhr mit dem Prediger und seiner Frau zur Kirche und zum Abendmahl. Heute erscheint das nicht mehr so verwunderlich, vor fast 50 Jahren war es für deutsche Verhältnisse undenkbar.

Das häufige Niederknien und das Sprechen der Texte im Wechsel mit dem Pfarrer ist mir aber einzig allein in Erinnerung geblieben, denn bei diesen beiden Handlungen mußte ich meine ganze Aufmerksamkeit darauf verwenden nicht zu spät zu kommen, an das Textwort zu denken blieb keine Zeit. Hinter die Gründe für das Niederknien bin ich nie gekommen, gegen die Schmerzen beim Knien half ich mir durch ein Kissen.

217Es ist Pfingstsonntag, wonniges Wetter, aber ein Pfingsten ohne Birkenreiser, ohne den Duft von Kalmus, ohne den Choral am frühen Morgen in der Frühluft, ohne Weihe, ohne die Empfindung eines neuen, heiligen Geistes um mich und in mir. Morgens in der Kirche waren sechs Menschen! Ich empfand zum ersten Mal eine Leere.

Aber am Pfingstnachmittag kam mir auch die religiöse Weihe, der Durchbruch meines religiösen Selbst durch alle Konvention und alle sklavisch übernommene Überlieferung. Der Prediger in der kleinen Kirche im Tale sprach mir zum Herzen und aus dem Herzen und gab meinem verschwommenen religiösen Empfinden Ziel und Richtung, meinem ganzen Wesen einen „neuen“, gewissen Geist.

 

Komm, Heiliger Geist, du schöpferisch!
Den Marmor unserer Form zerbrich!
Daß nicht mehr Mauer krank und hart
Den Brunnen dieser Welt umstarrt,
Daß wir gemeinsam und nach oben
Wie Flammen ineinander toben!

Wie sind wir alle Fremde doch!
Wie unterm letzten Hemde noch
Die Schattengreise im Spital
Sich hassen bis zum letzten Mal
Und jeder, eh er ostwärts mündet,
allein sein Abendlicht entzündet.

So sind wir eitel eingespannt
Und hocken bös an unserem Rand
Und morden uns an jedem Tisch.
Komm, heiliger Geist du, schöpferisch
Aus uns empor mit tausend Flügen!
Zerbrich das Eis in unsern Zügen.

Franz Werfel

Oh Heiliger Geist, Du schöpferisch
Den Marmor uns´rer Form zerbrich! „
218

Einige seiner Worte, die mich mein ganzes Leben begleitet und einen Stachel in meiner Seele zurückgelassen haben, will ich noch anführen, wenn ich sie auch aus dem Zusammenhang reißen muß.


Do not strive to find out all about his life, live his life “!219

Moral passion is moral power, and it is that moral power, that makes the difference between a Pharisee and a Christ. “220

Jesus did not give Peter preceipts of all kinds, he simply said: Peter do you love me?” and Peter said: “Yes, I love you.” “then go and feed my sheep” !221

It is the love, the moral passion that gives you the power to do every thing, that pleases him and to serve him in the right way. (Corinth 13 “)222

- - Now think it out for yourself, strive to love Christ and to gain moral passion; you will be rich though you possess nothing, you will be happy in all misfortune and you will show your Christian feeling in many other way than marely by scolding people for not going to church.”223


Die Grundidee seiner Predigten, das immer wiederkehrende Motiv war: Fühlen, und das religiöse Gefühl in die Tat umsetzen.


Our time is striving to develop through more than feeling. It is easier to develop thought, than feeling, and feeling is easier manifested than carried into action. It takes a long time until thought and feeling crystallize into custom.”224

Try to break the bar of conventional Christianity.”225

Do you dare to carry Christ´s spirit into the matters of daily life, into your social position, your policies? Or do you smile and sneer at the mere thought?”226


Diese wenigen Worte sind mir zum Erlebnis geworden und lenken mein Innenleben bis zum heutigen Tage. Das Entscheidende aber war, daß ich auch auf diesem Gebiet die Ketten der Convention und des kritiklosen Autoritätsglaubens zerbrach und damit die Tore öffnete nicht nur für meine Seele, mein Wesen, sondern des Menschen überhaupt. Für Shakespeare und die Gewalt der Renaissance-Menschen gingen mir nun die Augen auf, das kam so recht mir zu Bewusstsein bei der Sh´re Matinée mit Großman, die ich mit meiner Freundin Flossie Winter in New York erlebte. Die wunderbare Leichtigkeit und Instinktsicherheit dieser Menschen tritt bei einer Aufführung in englischer Sprache ja ganz anders heraus, als in der deutschen Übersetzung auf deutscher Bühne; darum sind mir Die lustigen Weiber, auch selbst Falstaff227, immer als Karikatur oder doch als burleske Figuren erschienen.

In New York auf der Bühne waren alle Personen „Menschen“. Und Menschen waren in meiner Umgebung. Die Ruhe, die selbstverständliche Sicherheit meiner Cousinen, auch ihrem Vater gegenüber, setzte mich sofort in Erstaunen. Ich höre noch, wie Marie auf eine etwas bestimmte Frage ihres Vaters, ob dies oder das getan sei, ruhig und gleichmütig antwortete: „I guess“„kann sein“. Die „self realisation“ die ich mir durch Nachdenken und den erlebten Gegensatz Deutschland – Amerika erworben hatte, besser gesagt: den Mut dazu, das war für meine Cousinen und wohl jeden Amerikaner „Urerlebnis“, selbstverständliche, unerschütterliche Haltung, für mich ein Bildungserlebnis, das in der alten Umgebung dauernd neu behauptet und verteidigt werden mußte, oft sogar mit schlechtem Gewissen. Mein erstes Urteil über meine Umgebung ruhte unbewußt auf dieser Gemütslage: „Die Menschen erscheinen mir hier alle viel sanfter und liebenswürdiger von Gesinnung, als bei uns, denn in den ersten 5 Wochen meines Hierseins habe ich keinen Wortstreit, keine gereizte Debatte, geschweige denn Zank und lähmende Schelte erlebt.228 Jeder scheut sich den letzten Wesenskern des Andern zu verletzen, den der allen gemeinsame Lebensstil schützend umgibt. Da auch die Konkurrenz im Lebenskampf nach innen und außen, damals wenigstens, fast ganz wegfiel, so fielen auch Neid und Ehrgeiz fort, die dem deutschen Menschen das Zusammenleben – besonders natürlich nach den zwei verlorenen Kriegen229 – so vergiften.

In mir hatte die körperlich und geistig neugewonnene Selbstsicherheit einen geradezu barocken, kraftstrotzenden Übermut zum Durchbruch verholfen, der mich beglückte und mir auf allen Gebieten den Erfolg sicherte. Wie machten mir Tennis und ping-pong Freude! „At ping-pong and at tennis she never missed a ball230“ hieß es später in einem Scherzgedicht auf einem selbstgearbeiteten Kalender. Sehr wohl fühlte ich mich auch bei Flossy Winter beim flackernden Kaminfeuer, das mit ihren schönen Haaren spielte. Sie sang ein hübsches Lied für mich „Marie am Fenster sitzest Du“, es endete „ach bräch der Sturm die Blüten nie und nie Dein Herz, Marie!“ Als Onkel plante mit seinen beiden Töchtern im Sommer nach Europa zu reisen, lud sie mich ein, mit ihr nach Kanada zu gehen; ich schlug es aus, leider! Mich reizte Paris bei Onkel Hermann und Tante Dora und in London die coronation231 mit Alfred; den letzten Ausschlag gab eine stille Liebe zu einem sehr wertvollen Deutsch-Amerikaner, der acht Tage vor uns nach Paris reiste. Es war eine zweite Sternstunde! Ich habe sie, so reich und beglückt wie ich war, nicht erkannt.

Am 31. Mai schifften wir uns ein. Viele Freunde waren mit Blumen und Geschenken am Quai. Die Musik spielte. Lange ließ ich, „the star-spangled Banner232“ wehen. Immer kleiner wurden die geliebten Menschen, immer kleiner die riesigen Woklenkratzer, immer kleiner, immer winziger die gewaltige Freiheitsstatue, bis sie gänzlich meinen Augen entschwand - - - -

New York hatte ich verlassen, aber Paris und London leuchteten schon an meinem geistigen Horizont.

Die Tore der Welt standen mir offen.

 


 

192 Christian Friedrich Hebbel, 1813-1863

193 Hugo Eckhardt, Kaufmann in Berlin; geb. 08.09.1850 gest. 10.10.1923 Berlin; 1 Sohn Adolf

194 Gemeint ist wahrscheinlich Das große Licht - Ein Münchhausen-Brevier von Paul Karl Wilhelm Scheerbart, auch unter seinem Pseudonym Kuno Küfer bekannt, (* 8. Januar 1863 in Danzig, † 15. Oktober 1915 in Berlin), deutscher Schriftsteller fantastischer Literatur und Zeichner.

195 Nach Angaben im Internet fand die Einweihung des Neuen Doms am Lustgarten am 27. Februar 1905 statt !?

196 Die Kaiser Wilhelm der Große, benannt nach Kaiser Wilhelm I., war ein 14.350 BRT Passagierdampfer des Norddeutschen Lloyd, der als erstes deutsches Schiff das Blaue Band für die schnellste Nordatlantiküberquerung errang. Das Schiff war 200 m lang und 20,1 m breit, hatte eine Geschwindigkeit von 22,5 Knoten, eine Besatzung von 488 Mann, und Kapazität für insgesamt 1.506 Passagiere (206 in der 1. Klasse, 226 in der 2., und 1074 in der 3.).Das Schiff wurde im Ersten Weltkrieg von der Kaiserlichen Marine als Hilfskreuzer eingesetzt und am 26. August 1914 nach einem Gefecht mit dem britischen Kreuzer HMS Highflyer von seiner Besatzung versenkt.

197 Gemeint ist der Weiße Hirsch – Dr. Lahmanns Sanatorium in Dresden, der Sterbeort des Vaters Georg Friedrich Lemke

198 Handschriftliche Anmerkung von Marie Bock: Readers Digest March 48 p 28

199 Zitat aus dem Faust von Goethe: MEPHISTOPHELES: Mein guter Freund, das wird sich alles geben; Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.

200Gemeint ist vermutlich ein Konzert von Ignacy Jan Paderewski (* 6. November 1860 in Kurylówka (Polen); † 29. Juni 1941 in New York, N.Y.) war ein bekannter polnischer Pianist, Komponist und Politiker.

201 Übersetzung: Mädchen, warum erzählst Du so wahnsinnig interessant! Warum bist Du so faszinierend?

202 Geoffrey Chaucer (* um 1343, wahrscheinlich in London; † wahrscheinlich 25. Oktober 1400 in London) war ein englischer Schriftsteller und Dichter, der als Verfasser der Canterbury Tales berühmt geworden ist. In einer Zeit, in der die englische Dichtung noch vorwiegend in Latein, Französisch oder Anglonormannisch geschrieben wurde, gebrauchte Chaucer die Volkssprache und erhob dadurch das Mittelenglische zur Literatursprache.

203 William Shakespeare (* 23. April 1564 in Stratford-upon-Avon; † 23. April 1616 ebenda (Datum des seinerzeit in England noch geltenden julianischen Kalenders, Sterbedatum nach dem in den katholischen Ländern, später auch in England eingeführten gregorianischen Kalender wäre der 3. Mai 1616)) war ein englischer Dichter und Dramatiker und gilt als einer der bekanntesten Schriftsteller überhaupt.

204 Handschriftliche Anmerkung von Marie Bock am Rande dieses Textes: 8 Nov 48

205 Handschriftliche Anmerkung von Marie Bock am Rande dieses Textes: 27 XI 48

206 Vermutlich Karl Gustav von Goßler (* 26. Mai 1810 in Kassel, Hessen; † 12. Mai 1885 in Königsberg, Ostpreußen), deutscher Jurist und Kanzler des Königreichs Preußen.

207 Albert Wilhelm Heinrich von Preußen, genannt Prinz Heinrich (* 14. August 1862 in Potsdam; † 20. April 1929 in Hemmelmark, Schleswig-Holstein) war Großadmiral der Kaiserlichen Marine und Bruder Kaiser Wilhelms II. Albert Wilhelm Heinrich von Preußen war der Sohn des späteren Kaisers Friedrich III. und Enkel Kaiser Wilhelms I. Seine Mutter, Kaiserin Victoria, war eine Tochter der britischen Queen Victoria. Prinz Heinrich war der jüngere Bruder Kaiser Wilhelms II. und seit 24. Mai 1888 mit seiner Cousine Prinzessin Irene von Hessen-Darmstadt verheiratet.

208 Zitat aus Friedrich Schiller Der Handschuh

209 Heil dir im Siegerkranz war von 1871 bis 1918 die kaiserliche Hymne des Deutschen Reiches. Eine Nationalhymne im heutigen Sinne war es nicht.

210 Carl Schurz, manchmal auch Karl Schurz, (* 2. März 1829 in Erftstadt-Liblar, Preußische Rheinprovinz; † 14. Mai 1906 in New York) war ein deutscher Revolutionär der Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes, hier insbesondere der badischen Revolution von 1848/1849, und im politischen Exil in den USA als einer der so genannten Forty-Eighters (Achtundvierziger) US-amerikanischer General und Staatsmann. Er war erster gebürtiger Deutscher, der Mitglied des amerikanischen Senates wurde.

211 Wilhelm II., mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Albert Victor von Preußen, (* 27. Januar 1859 in Berlin, Preußen; † 4. Juni 1941 in Doorn, Niederlande) entstammte der Dynastie der Hohenzollern und war von 1888 bis 1918 Deutscher Kaiser und König von Preußen.

212 Theodore Roosevelt (* 27. Oktober 1858 in New York City; † 6. Januar 1919 in Oyster Bay, New York)

213 Hohenzollern ist der Name mehrerer Staatsyachten der Deutschen Kaiser in der Zeit zwischen 1878 und 1918

214 Die Segelrennyachten des Kaisers trugen den Traditionsnamen Meteor

215 Das Niederwald Denkmal steht oberhalb von Rüdesheim und erinnert an den Sieg über Frankreich im Jahr 1870/1871 und die daraus resultierende (Neu-) Gründung des Deutschen Kaiserreichs.

216 Gustav (Benjamin) Schwab (* 19. Juni 1792 in Stuttgart; † 4. November 1850 ebenda) war ein deutscher Pfarrer und Schriftsteller, der zur Schwäbischen Dichterschule gerechnet wird. Mit seinen Sagen des klassischen Altertums (1838-1840) hat er einen Klassiker der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur geschaffen.

217 Handschriftliche Anmerkung von Marie Bock am Rande dieses Textes: 6 I 49.

218 Zitat aus einem Gedicht von Franz Werfel (* 10. September 1890 in Prag; † 26. August 1945 in Beverly Hills, Kalifornien), österreichischer Schriftsteller.

219Versuche nicht alles aus Seinem (Jesu Christus) Leben herauszufinden, lebe sein Leben!

220 Moralische Leidenschaft ist moralische Stärke, und es ist die moralische Stärke, die den Unterschied macht zwischen einem Pharisäer und einem Christen.

221 Jesus gab Petrus nicht alle möglichen Rezepte, er sagte einfach: „Petrus, liebst Du mich?“ und Petrus sagte: „Ja, ich liebe Dich.“ „Dann gehe und füttere meine Schafe!“

222 Es ist die Liebe, die moralische Leidenschaft die Dir die Kraft gibt alles zu tun, die Ihm gefällt und die Ihm in der rechten Weise dient (Korinther 13)

223 Nun denk darüber nach, versuche Christus zu lieben und moralische Leidenschaft zu gewinnen; Du wirst reich sein gleichwohl Du nichts besitzt, Du wirst glücklich sein in allem Unglück und Du wirst Deine christliche Gesinnung in vieler anderer Weise zeigen als nur die Leute beschimpfend, die nicht in die Kirche gehen.

224Unsere Zeit versucht mehr die Gedanken als das Gefühl zu entwickeln. Es ist einfacher, Gedanken zu entwickeln, als Gefühle, und Gefühle werden leichter verfestigt als in die Tat umgesetzt. Es dauert sehr lange bis Gedanken und Gefühle sich als Einheit kristallisieren.

225 Versuche, die Barrieren christlicher Konvention zu brechen.

226 Traust Du Dich, den christlichen Geist im täglichen Geschehen geltend zu machen, in deiner gesellschaftlichen Position, in Deiner Ethik? Oder lächelst und spottest Du allein beim schieren Gedanken daran?

227 Die literarische Figur des Sir John Falstaff wurde erstmals in den Stücken Heinrich IV. und Die lustigen Weiber von Windsor von William Shakespeare erwähnt. Es handelt sich um einen trink- und raufsüchtigen Soldaten, der in Die lustigen Weiber von Windsor als eher zur Selbstüberschätzung neigend und in Heinrich IV. als eher melancholisch dargestellt wird. Der Name Falstaff wird oft für einen dicken Angeber und Genießer verwendet.

228 Handschriftliche Anmerkung von Marie Bock: Tagebuch 18. II 02

229 Der 1. Weltkrieg (1914 – 1918) und der 2. Weltkrieg (1939 – 1945)

230 Beim Ping-Pong und beim Tennis verpasste sie niemals den Ball

231 Krönung von Albert Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha (* 9. November 1841 in London; † 6. Mai 1910 in London). Als Eduard VII. war er von 1901 bis 1910 König von Großbritannien und Irland sowie Kaiser von Indien. Eduard sollte am 26. Juni 1902 gekrönt werden; jedoch erkrankte er zwei Tage zuvor an einer Blinddarmentzündung, so daß die Krönung verschoben werden musste. Nach erfolgreicher Behandlung wurde er am 9. August 1902 gekrönt.

232 The star-spangled Banner ist die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika.

 




 

 

 

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