Brief des Sohnes Hans-Georg Bock aus Russland vom 27.12.1942

an seine Eltern Wilhelm und Marie Bock

 

 

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Rußland 27.12, 42 1200

Zwischen. Don und Wolga

Liebe Eltern,

Wir befinden uns zur Zeit in einer außerordentlich schwierigen Lage. Sie zwingt einen immer mehr, damit zu rechnen, daß man unter Umständen nicht mehr zu seiner Familie zurückkehrt. Daß ich mir dabei große Sorge um die Zukunft meiner Frau und der beiden kleinen Wichte mache, werdet Ihr begreifen. Und so möchte ich Euch noch einmal bitten, daß Ihr daß Ihr meiner Frau, falls ich fallen sollte, in jeder Weise beisteht und ihr bei der Erziehung der Kinder helft. Vor allem müßt Ihr Liselotte immer wieder sagen, daß es mein größter Wunsch ist, daß meine Kinder froh und unbelastet zu natürlichen Menschen heranwachsen. Das können sie aber nur, wenn Liselotte ihrem Schmerz nicht zu sehr nachgibt, sondern ihn überwindet. Die äußeren Verhältnisse wird Liselotte, energisch und tapfer,wie sie ist, schon meistern, zumal sie, wenn der Krieg nicht verloren geht, eine ausreichende Pension erhält.

Euch aber will ich herzlichen Dank sagen für alles das, was Ihr mir gegeben habt. Man versteht seine Eltern eben erst dann richtig, wenn man alter wird und selber Kinder hat.

Gesundheitlich geht es mir den Umstanden entsprechend. Weihnachten haben wir bei unserer Division etwas Ruhe nach sehr schweren vorhergehenden Tagen gehabt. So haben wir uns aus alten Papiertarnnetzen einen Adventskranz gemacht, vier Lichter aufgesteckt und an die Heimat gedacht. Wir sind an diesem Tage auch richtig satt geworden und hatten einen warmen Ofen in unserem Erdloch. So durften wir uns nicht beklagen. Man wird in dieser öden Steppe ohne jedes Dorf, ohne Baum und Strauch ja so bescheiden. Es wird hier Unsagbares geleistet. Wer das hier nicht erlebt, wird es sich nie vorstellen können, daß es möglich ist, in einem offenen 1m tiefen und 1m langen Erdloch bei größter Kälte und eisigem Wind Tage lang zu wohnen und monatelang ununterbrochen zu liegen und außerdem noch zahlenmäßig weit überlegene Angriffe abzuwehren. Das aber leistet hier unsere Infanterie. Wir haben es noch immer etwas besser. Meistens können wir unser Erdloch

mit einigen Brettern abdecken. Dazu Läuse und Schmutz. Wer das hier übersteht und ohne selischen Schaden davon kommt, kann vom Leben nicht mehr enttäuscht werden. Ihm wird allein die Tatsache, daß er lebt, als ein schönes Wunder erscheinen.

Trotz allem bin ich zuversichtlich. Man muß auf Gottes Führung vertrauen, sonst könnte man in diesem Krieg ohne Gott verzweifeln.

Ich grüße Euch herzlich

Euer Sohn

Hans-Georg

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Grüßt mir meine Schwestern.
Gruß an Euch den Teuf.

 


 

Postkarte vom 31. 12. 42

Liebe Eltern!

Am letzten Tag des alten Jahres Euch und den Schwestern herzliche Grüße. Es Ist hier sehr schwer. Ich denke an Euch und wünsche Euch alles Gute.

Herzlich

Hans-Georg


 


Letzte Aktualisierung: 09.12.2007