Samland und seine Bevölkerung.

Inaugural-Dissertation, vorgelegt von Rudolf Jankowsky (1902)

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Inaugural-Dissertation: Samland und seine Bevölkerung von Rudolf Jankowsky, Seite 1
 
   
 

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Naturverhältnisse Samlands.

Samland liegt zwischen 19° 52' und 21° 12' östl. Länge von Greenwich und zwischen 54° 37' und 54° 58' nördl. Breite. Sein ungefähr 2000 qkm1 grosses Gebiet wird im Norden von der Ostsee und vom Kurischen Haffe, im Süden vom Frischen Haffe und vom Pregel begrenzt und erstreckt sich zwischen diesen westöstlich gerichteten Grenzen von der Ostsee bis zur Deime.2

Der Name Samland ist nicht so sehr alt: noch im neunten Jahrhundert nannte man dasselbe Land: Witland,3 die Südwestspitze Witlandsort.

Aus noch früherer Zeit tauchen wieder andere Namen auf, aber schon sagenhaft und unbestimmt. Doch ist die Bedeutung des jüngsten Namens auch nicht mehr sicher zu erkennen. Die Sage, deren Worterklärungen gewöhnlich keinen Glauben beanspruchen dürfen, erzählt so: Widewuto, König der Brutener, verteilte das Land unter seine Söhne und gab Samo, seinem zweiten Sohne, das Land von Crono und Hailibo bis auf Skara, „und dieser nam es mit der zeit ein, und is wardt Samlandt von im genanntt." Er baute sich auf einem mächtigen Sandberge, der zum Teil geschüttet ward, die Feste Gailgarwo (Galtgarben). Dieser Santo hatte mit den Seinen eine sonderliche Lebensweise; denn sie waren andächtiger wie die übrigen Brutener und wählten auch einen besonderen Eichwald zu ihrer Andacht aus, in welchem sie einen Haufen Schlangen zu Ehren ihrer Götter unterhielten. Samos Weib Pregolla ertrank im Flusse Skara, davon dieser den Namen Pregel erhielt.4

Die Küste Samlands ist zwar nur 100 km lang, zeigt aber zwei sehr verschiedene Formen. Die eigentliche Ostseeküste hat die normännische Küstenart.5 Das Land ragt als steile Wand aus dem Meere auf und lässt nur wenige Schritte Spielraum für die Brandung, die bei auflandigen Stürmen auch diesen Vorstrand bedeckt. Die Bewohner der Küste sind, von den wenigen Fischern abgesehen, mit der See nicht vertraut. Grössere Fahrzeuge können wegen des flachen Wassers dem Lande nicht nahe kommen: der Landbewohner vermag auch nur an den wenigen Stellen, wo die Bäche Schluchten in dem Küstenrande ausgeschnitten haben, zur See gelangen. Für den Seeverkehr ist die Küste tot; das Verkehrsnetz gravitiert deutlich landeinwärts, nach der Pregelmündung, wo ein Fluss, eben der Pregel, dem Seeverkehr einen Zugang bot.

Unaufhörlich nagen die Elemente am ragenden Ufer, rascher, wenn der Sturm die Wand entlang fegt und die Woge am Fusse des Landes wühlt, aber auch in der Stille, wenn das Sandkorn vom leisen Lufthauche, vom Vogel gerührt, zur Tiefe schwebt oder wenn der im Grunde der weit ausgezackten Schluchten versteckte Grundwasserfaden Atom und Atom niederspült. Auch grosse Schollen lösen sich und gehen als kleine Bergstürze nieder. So ist auch die Spitze des vielgenannten Zipfelberges bei Gross-Kuhren im Sommer 1899 plötzlich abgestürzt. Es könnte sich zwar schliesslich eine sanfte Böschung bilden, aber der Küstenstrom führt die Massen weiter nach Norden und Süden. Jeder auflandige Wind erzeugt eine Strömung längs der Küste, indem das durch den Wind gestaute Wasser nach der einen oder der anderen Seite ausweicht. Der Strom ist bei Stürmen aus SSW. über W. nach WNW. nördlich, bei Stürmen aus NW. über N. bis NO. südlich gerichtet. Die Geschwindigkeit dieser Strömung ist verhältnismässig gross und ist bei Pillau bis 7 1/2 km in der Stunde beobachtet worden.6 An der Nordwestecke bei Brüsterort wird sie wahrscheinlich noch stärker sein. Da die Wellen in der Nähe des Strandes den Grund in Aufruhr bringen, so ist die transportierende Kraft des Küstenstromes sehr bedeutend. Dazu ist die Luftbewegung sehr energisch; gerade die westlichen Winde sind die stärkern, wodurch die Wogen erst recht Kraft gegen die Küste gewinnen.

Durch diesen Landverlust wird die Strandlinie allmählich landeinwärts verschoben, wenn auch dahingestellt bleiben muss, ob ausserdem eine säculare Senkung stattfindet. Man will das Verrücken der See an der 5 m hohen Küste bei Kranz auf 1,8 m jährlich schätzen.7

Was Wind und Welle dem Lande so raubten8, (das bauten sie in den Nehrungen zu gewaltigen Sandwällen wieder auf, die weite Meeresteile zu einem Binnengewässer machten und bedeutende Landstriche vor dem zerstörenden Wellenschlage der Ostsee schützten. Die Nehrungen verdanken ihr Dasein an dieser Stelle zum Teil dem Schutze Samlands, an dem sie wie zwei Guirlanden an einem Pfeiler hängen, und der benachbarte sogenannte „ostpreussische" Küstentypus ist in dieser Ausdehnung nur durch die nach Westen vorgelagerte samländische Scholle möglich geworden.

Die beiden Haffe, durch Pregel und Deime verbunden, geben eine 200 km lange Wasserstrasse längs der Küste; hier hinein ergiesst sich mit den beiden einmündenden Strömen Memel und Weichsel der Verkehr von ganz ungeheueren, fruchtbaren Gebieten, während durch die beiden Tiefe bei Memel und Pillau die überseeischen Beziehungen belebend einwirken. Ein reger Küstenverkehr konnte sich hier um so mehr entwickeln, da das Meer dabei nicht befahren zu werden brauchte.

Der Landverkehr zwischen Samland und dem übrigen Ostpreussen beschränkt sich auf drei Stellen. Die trennenden Wasserläufe sind zwar klein: der Pregel entwässert ja nur 15030 qkm9 und reicht mit seinem Gebiete so gut wie gar nicht über Ostpreussen hinaus. Die einkommende Wassermenge teilt sich noch, so dass der Pregel 3/5 behält, 2/5 an die Deime10 abgiebt. Die Flüsse nehmen mehr den Charakter von Kanälen an. Für die Deime, deren Oberlauf vielleicht ganz und gar künstlich gegraben, sicher aber ausgedehnte Vertiefungen durch Menschenhand erfahren hat, trifft das ja noch mehr zu. Das Gefälle ist sehr gering und beträgt je 0,60 m11 von der Teilung bis zur Mündung von Pregel und Deime, ist übrigens abhängig von der Windrichtung. Bei starken Südwestwinden z. B. tritt auf dem Pregel so energische Rückstauung ein, dass das umgekehrte Gefälle von der Pregelmündung bis Tapiau12 1 m betragen kann. Seltener ist der Deimeabfluss durch Stauung behindert und stets in geringerm Masse. Das Kurische Haff ist im Norden schmal und verbreitert sich nach Süden, so dass die Stauung, (die doch nur durch nördliche Winde bewirkt wird, sich verteilen kann.

Umgekehrt liegen die Verhältnisse für die Pregelmündung. Hier drängen die südwestlichen Winde die Wellen vom ganzen Frischen Haffe in den nordöstlichen Winkel hinein und den Pregel aufwärts. Aus dem eben Angeführten ergiebt sich auch, dass die Deime dann nie Stauung hat, wenn sie auf dem Pregel eintritt. Die Deime bildet also einen von der Natur geschaffenen Entlastungsgraben für den Unterpregel, ein Sicherheitsventil zur Zeit des Binnenhochwassers, wenn noch starke südwestliche Winde eintreten. Sobald der Rückstau aus dem Frischen Haffe bis Tapiau zurückreicht, wird der Anteil der Deime am Abflusse verstärkt und um dasselbe Mass die Wassermenge vermindert, die sich im Thal des Unterpregel aufgesammelt hat.13

Die Abzweigung der Deime, die für Handel und Verkehr ausserordentlich wichtig ist, lässt sich mit der Ablenkung vieler Flüsse Norddeutschlands nach rechts vergleichen, nur dass hier die Menschenhand eingriff. Das Thal - ein Glacialthal - enthielt vermutlich einen kleinen selbständigen Fluss, der nach Norden abfloss. Das den Pregel herabkommende Hochwasser benutzte auch wohl schon ursprünglich diesen Ausweg nach dem Kurischen Haffe, bis dann bedeutende Kanalisationen zur Ordenszeit dem kleineren Flusse ständigen Wasserzufluss sicherten und ihm die heutige Gestalt und Bedeutung gaben.14

Die 1- 2 km breiten Thäler des Pregels und der Deime sind sehr niedrig und eben, haben aber deutlich hervortretende Ränder. Die Pregelwiesen liegen meistens nur 0,3-0,4 m15 über dem Mittelwasser und von bedeutenden Strichen oberhalb Königsbergs heisst es, dass sie sich sogar unter dem Normalwasserstande befänden. So bewirkt ein reicherer Wasserzufluss von oben her oder ein starker Stauwind ausgedehnte Überschwemmungen auch im Sommer, ein Umstand, der nicht, nur die Erträge der Wiesen bisweilen vernichtet, sondern auch den Verkehr über den Fluss sehr behindert. Schlenken und Tümpel, die Reste alter Flussarme, beim Pregel die Flussteilung, erschweren den Übergang auch bei niedrigem Wasserstande. Ausser in Königsberg, Tapiau und Labiau giebt es keine Brücken, und so ist es sehr erklärlich, dass die Trennung durch die Flüsse sehr energisch ist. Beide Ufer erzeugen freilich auch gleiche Produkte und brauchen daher auch nicht notwendig mit einander zu tauschen und zu verkehren. Viel reger ist z. B. der Verkehr über das Kurische Haff. Die Bewohner der Nehrung, für die die Fischerei die Erwerbsquelle ist, sind oft genötigt, die meilenlange Fahrt über das Kurische Haff nach Russ oder Labiau zu unternehmen, um sich die Erzeugnisse der Landwirtschaft zu holen. So sind dort beide Seiten gut miteinander bekannt und Heiraten, bei denen die Brautleute sich übers Haff zusammenfinden, sind nicht selten.

Ehemals floss die Memel durchs Inster- und Pregelthal zur Ostsee, und diesem gewaltigen Flusse haben einst die breiten Stromthäler gedient, die wie die andern Glacialthäler Norddeutschlands zwar schwer zu überschreiten sind, aber selber wichtige Wasserstrassen enthalten.

In altpreussischer Zeit muss die fast insuläre Lage Samlands auch mit einer gewissen politischen Abgeschlossenheit verbunden gewesen sein. Prutheni et Sambitae heisst es gewöhnlich zur Ordenszeit.16

Samland bildet ein Plateau, das sich aus einer durchschnittlichen Meereshöhe von 70 m im Nordwesten nach Südosten allmählich hinabsenkt und in die Ostpreussische Flussebene verläuft. Schon 15 km westlich von der Deime ist das Gelände sehr eben und erreicht nur an wenigen Stellen eine Meereshöhe von 15-20 in. Es giebt hier keinen merklichen Hügel und auch keine Vertiefung, die einen See entlädt. Auch die erloschenen Seeen, die Torflager sind selten. In Ostsamland giebt es niemand, der die Torfbereitung als Gewerbe betreibt, während die Statistik für den Kreis Fischhausen 53, für den Landkreis Königsberg 75 solcher Personen zählt.17 Das Gelände im mittleren und westlichen Samland ist wellig und kuppig: abflusslose Thäler, die wohl auch einen See, häufiger aber die Reste eines solchen, Sümpfe und Torflager enthalten, sind hier und da eingesenkt. Nach Süden fällt Westsamland rasch zu der ebenen und niedrigen Kaporner Heide ab, die sich zwischen dem eigentlichen Plateau und dem Frischen Haffe hinzieht. So erscheint der Rand des höhern Landes von Süden aus gesehn als Höhenzug.18 Ersteigt man aber die vermeintliche Bodenwelle z. B. bei Fuchsberg (10 km nordwestl. von Königsberg) oder bei Medenau, so sieht man wieder ein Plateau vor sich. Die Grenze dieses höher gelegenen Gebietes, die 50 m-Isohypse, geht ungefähr von der Rantauer Spitze im Norden Samlands nach Südosten, biegt 10 km nördlich von der Pregelmündung hei Fuchsberg nach Westen um und läuft mit einer bedeutenden Ausbuchtung nach Süden um die Medenauer Seeberge herum über Germau nördlich von Palmnicken zur Küste.19

Wenige Hügel ragen merkbar über ihre Umgebung empor. Trotz ihrer geringen absoluten und relativen Höhe bieten sie aber in dem ebenen Lande eine weite Fernsicht, tragen einen eigenen Namen und haben auch durch Sage und Geschichte besondere Bedeutung erhalten. Einige erwähnenswerte Kuppen erheben sich bei Germau: Der grosse Hausenberg (91 m) ist 2 km nördlich davon gelegen. Auf seinem bewaldeten Gipfel sind halb verfallene Wälle und Gräben, die Reste der ehemaligen Fliehburg, die auf dem „grossen Hausen" ebenso wie auf dem „kleinen Hausen" (82 m) 4 km nordöstlich von Germau, zur Ordenszeit gestanden hat. Dagegen 'haben wir die Reste einer Preussenburg auf dem „kleinen Hansen" bei Kraxtepellen 5 km nordwestlich von Germau. Den Namen Hausenberg, der hier im Nordwesten Samlands auffallend häufig ist, führt auch eine alte Schanze im Germauer Pfarrlande, die dem Wassermüller als Fliehburg gedient haben soll. Etwa 2 km südlich von Germau liegt ein isolierter Hügel mit einer Linde20 auf der Spitze, der Lindenberg genannt. Eine kleine Anhöhe dicht bei Germau führt den Namen Galgenberg.21 Der Galgen des Bernsteingerichts, das eine Zeit lang in Germau seinen Sitz hatte, war hier erbaut. Auch die Galgenberge bei Thierenberg und an der Küste bei Gross Dirschkeim werden vermutlich Galgen getragen haben. Durch seinen Namen interessant ist auch der Wachtbudenberg (61 m), der 2 km östlich von Brüsterort liegt. Vom Lande sanft ansteigend fällt er zur See steil ab und ist wohl geeignet als Wacht- und Signalberg zu dienen. Einen eindrucksvollen Abschluss findet das Land im Nordwesten durch den mächtig aufragenden Leuchtturm, der für Brüsterort, diese unnahbare, weit aus der allgemeinen Küstenlinie hervorragende Landecke mit ihren steinigen Untiefen, allerdings auch sehr notwendig ist.

Die einzige Erhebung in Samland, die als Höhenzug erscheint, ist das sogenannte Alkgebirge, ungefähr in der Mitte zwischen Brüsterort und der Pregelmündung. Es besteht aus aneinander gereihten Sandhügeln, die bisweilen durch Einsattelungen getrennt sind, und ist ungefähr 15 km lang, 1/2 km breit. An der Seite finden sich tiefere Einsenkungen, die Torfmoore enthalten. Der höchste Berg in der „Alk", der Galtgraben, ist mit 110 m Meereshöhe die höchste Erhebung in Samland überhaupt und gewährt von dem oben erbauten Aussichtsturme einen reizvollen Ausblick auf die farbigen Wälder ringsum und die glitzernden Seenspiegel, auf das dunkle Waldmeer der Kaporner Heide im Süden; weiter schlingt sich als ein hellblaues Band mit den weissen Segeln das Frische Haff herum, bis die welligen Höhen des Stablack den Horizont fern im Südosten umsäumen. So ist der Galtgarben als Ausflugsort beliebt und von nah und ferne gekannt. Doch erfreute er sich einst einer grösseren Bedeutung, als noch eine Preussenburg seinen Gipfel krönte.22 Heute sind von dieser Herrlichkeit auch nur grüne Wälle und Gräben übrig. Doch hat der Galtgarben auch mit der Geschichte unserer Zeit Beziehung erhalten: auf seinem Gipfel steht das vom Kriegsrat Scheffer errichtete Landwehrkreuz zur Erinnerung an die Freiheitskriege. Es ist ein schöner Gedanke des hochherzigen Stifters der Königsberger Palästra Albertina gewesen, dass sich die Königsberger Studentenschaft auf diesem Berge zum bedeutsamen Feste seit 1899 wie früher alljährlich wieder vereinigen wird.

Westlich von Pobethen tritt auch eine kleine Hügelgruppe hervor, das sogenannte „kleine Gebirge".
Die Südwestspitze Samlands samt dem Gebiete, das westlich der Bahn Fischhausen—Palmnicken liegt, wird von einer sanften Bodenanschwellung erfüllt, die bei Rothenen beginnt und längs der Küste nach Süden streicht. Der westliche Küstenrand Samlands, in dem sich das auch markiert, senkt, sich von Brüsterort nach Süden und ist ungefähr bei Littausdorf zum flachen Strande geworden. Eine merkwürdige Moostorfschicht tritt hier zu Tage, ähnlich wie die in der Kurischen Nehrung bei der Försterei Grenz.23 Weiter nach Süden steigt die Küste wieder an, wird bald
20-30 m hoch und senkt. sich bis zum Pillauer Tief wieder hinab. Das Land selber hat an der Wurzel der Halbinsel 30 m Meereshöhe, aber behält dieses Niveau bis Pillau. Wie die geologische Karte24 zeigt, besteht der Boden dieser abseits gelegenen Landwelle aus älteren Diluvialschichten als das übrige Samland.
Betreten wir von Norden die Halbinsel, so treffen wir bald auf eine merkwürdige Busch- und Baumreihe, die sich quer vor uns vom Haffe zur See hinzieht, die Gardine. Sie ist früher ein Verhau gewesen, deas um 125025 angelegt wurde. Dicht an der See steht hier in öder Umgebung das St. Adalbertskreuz.

Das Land südlich von der Gardine rechnet man schon zur Frischen Nehrung, obgleich dieser reich besiedelte und zum Teil fruchtbare Landstrich, von der Gardine bis Pillau, abgesehen von seiner Lage und schmalen Gestalt von den ostpreussischen Wüsten durchaus verschieden ist. Auch die Buche, die doch nur im Südwesten Ostpreussens geschlossen auftritt, ist hier noch in grösserer Anzahl zu finden. Vor allem besteht ein geologischer Unterschied: Die Nehrungen sind trotz der einzelnen enthaltenen Lehminseln alluviale Sandwälle, während hier das Diluvium durchweg den Grundstock bildet und erst im Kamstigaller Haken sein Ende erreicht. Allerdings sehen wir südlich von der Gardine neben bebauten fruchtbaren Ackerstücken auch bald Kieferpflanzungen und einsame, blumige Heiden, die den unfruchtbaren Sandboden andeuten. Der Seesand ist hier übergeweht, liegt aber gewöhnlich nur als verhältnismässig dünne Schicht darüber. Eine Strecke südlich von der Gardine, nachdem wir eben an der Ordensburg Loche städt vorbeigekommen sind, senkt sich plötzlich die Strasse, so dass wir fast über die Wipfel der Chauseepappeln sehen, und steigt nach einigen hundert Metern einen Abhang von gleicher Höhe wieder hinauf. Die Einsenkung, die vor uns liegt, geht wie ein breites Flussthal vom Haff zur See. Ob hier noch in historischer Zeit ein Tief bestanden hat, ist fraglich. Die Leichtigkeit, mit der das Wasser solche Verbindungswege zwischen Haff und See zu schaffen und zu verlassen pflegt, würde dafür sprechen. Das jetzige Pillauer Tief ist ja auch erst 400 Jahre alt — und 1899 jagte ein Sturm das Ostseewasser durch die Kurische Nehrung bei Sarkau ins Haff, so dass ohne das Dazwischentreten des Menschen das dortige „alte Tief" von neuem hätte entstehen können. Allerdings ist die Überlieferung, die das Vorhandensein des Lochstädter Tiefes berichtet, unzulänglich.26

Das Relief Samlands ist eine Grundmoränenlandschaft, verdankt also der Eiszeit seine Form. Der Boden besteht überall aus diluvialen Gebilden, hauptsächlich aus Lehm.27 Die höheren Kuppen dagegen sind aus nordischem Sand aufgebaut. Das einzige bedeutendere Sandgebiet bildet die Kaporner Heide die mit ihren Heidesandflächen südlich hinter einer Landschwelle eine gleiche Entstehung gehabt haben wird, wie die Johannisburger Heide, südlich hinter dem masurischen Landrücken, indem beide wohl Ablagerungen der ehemaligen Gletschergewässer darstellen. — In den Thälern der Bäche, auf den niedrigen Strichen an den Haffen sind alluviale Bildungen übergelagert, sehr zum Vorteile der Bewohner, denn sie geben fruchtbare Wiesen oder gar Torflager.

Die erratischen Blöcke sind überall in reicher Fülle zerstreut. Besonders Westsamland ist reich an Geschieben, die die Herstellung des dichten Chausseennetzes sehr erleichterten. Richtige Steinlager finden sich bei Labiau, bei dem Dorfe Steinfeld, wo man, wie überhaupt beim Betreten eines steinreichen Gebietes, Grenzstiege, Zäune, Häuser aus Steinen aufgeführt sieht. Ferner liegen sehr viele und grosse Blöcke an der Ostseeküste und sind hier in den Wellen die letzten Zeugen ehemaligen Landes. Freilich werden auch sie abgenutzt, da das vom Wasser hin und her geschleuderte Geröll stark abschleifend wirkt. Ein besonders mächtiger Block findet sich bei dem Dorfe Marscheiten, der 3,40 m lang, 3,30 m breit, 1,70 m über der Erde hoch ist, aber noch tief in der Erde stecken soll.28 Bekannter ist der Borstenstein bei Neukuhren an der See, der aus zwei auseinander klaffenden Stücken besteht und: „Die Sage geht, der Stein erdrückt jedweden, der am selben Tag gelogen," so fängt seine verwaschene Inschrift an.

Die Tiefe der Diluvial-Decke Samlands ist sein verschieden, am schwächsten aber gerade da, wo die Macht des Eises recht imposant vor Augen tritt; im hügeligen Nordwesten; hier haben die Bäche das Diluvium teilweise weggespült und das unterliegende Tertiär blossgelegt. Allerdings erhebt sich auch das Tertiär bis 20 m über den. Meeresspiegel und auch die untern Tertiärschichten, darunter die blaue Erde, die den Bernstein enthält, tauchen an einigen Stellen aus der See empor.29

Es zeigt sich, dass das Tertiär die Abdachung des Landes und die Richtung der Gewässer beeinflusst. Das Tertiär streicht in flachen Mulden von Südwest nach Nordost,30 und auch die Bäche haben in Westsamland diese Hauptrichtung, während sie im östlichen Samland nach Nordwesten abfliessen.

Die westöstlich gerichtete Wasserscheide liegt ungefähr in der Mitte und kommt im Westen mehr der Nordküste, im Osten dem Pregel nahe. Sie ist nicht scharf ausgeprägt, wie es in einem ebenen Lande natürlich ist. Flussvermischungen, die zwischen Pregel und Memel häufig sind, kommen auch in Samland an mehreren Stellen vor. Aus dem Dammteiche fliessen nach Süden zwei, nach Norden ein Flüsschen. Auch bei Berthaswalde, bei Garnsau, ferner bei Gross-Uderballen bestehen solche Zusammenhänge, aber auch an Ort und Stelle würde man die Wasserscheidung schwer feststellen können. Eine richtige und deutliche Bifurkation in kleinem Massstabe findet sich bei Bakelfeld, in der Nähe des Dammteiches.

Bei St. Lorenz und bei Heiligen Kreutz liegen auch zwei abflusslose Gebiete, aber nur von wenigen Quadratkilometern Grösse.

Das Gefälle ist in Ostsamland gering. Man beachtet hier die Bäche in ihren ebenen Wiesen kaum. Selbst die Deime entbehrt des schönen landschaftlichen Eindruckes, der einem Flusse gewöhnlich eigen ist. Ihr Lauf wird fürs Auge durch die scheinbar in der Wiese stehenden und sonderbar hoch aussehenden Masten und Segel bezeichnet. Dagegen erregen die kleinen Flüsschen Westsamlands schon aus der Ferne durch ihre schönen und tiefen Thäler unsere Aufmerksamkeit. Mehrfach hat der Mensch in Ostsamland die schlechte Entwässerung regulieren müssen,31 wie der wiederholt vorkommende Name der Bäche auf -graben und die bisweilen meilenlange, schnurgerade Richtung auf den ersten Blick erkennen lassen. Die bedeutendsten, die Duhnausche Bek und der Brastgraben, die in den Pregel südlich abfliessen, sind die besten Beispiele hierfür.

Im mittleren und westlichen Samland hat man gerade den Lauf der Gewässer gehemmt und die engen Thalschluchten und das starke Gefälle häufig zu Stauungen benutzt. Samland hat nicht viele natürliche Seeen. Nur das Gebiet östlich vom Alkgebirge besitzt eine Reihe von Teichen, wie die allerdings kleinen Wasserflächen hier genannt werden (Pilzenteich, Wiegandtteich, Scarrteich, Rohrteich, Waldteich u. a.). Da ist es für den landschaftlichen Eindruck Samlands sehr vorteilhaft, dass die zahlreichen Stauteiche dem Landbilde ihren Reiz verleihen, wie in Wargen, Rauschen, Pobethen, Rudau, Lauth und anderen Orten. Der Lauther Mühlenteich ist mit 0,94 qkm32 Fläche heute der grösste und wird von dem aus dem Dammteiche kommenden Stantauer Mühlenfliesse gebildet. Es zeigt sich aber auch in Samland, dass die Seeen ein sehr vergänglicher Reiz der Erde sind. Während man auf der Generalstabskarte (1861-1862) ungefähr 40 Teiche im Samland finden kann, weist die Schröttersche Karte (1796-1802) noch die doppelte Anzahl auf. In 60 Jahren sind also 40 Wasserflächen verschwunden. Der Koddiener Mühlenteich (bei Tapiau) und der Stobbenteich, das nördliche Ende des Dammteiches, die auf der Generalstabskarte noch als Teiche verzeichnet sind, haben sich auch in Wiesen verwandelt.

Zum Teil rühren die Stauanlagen noch aus der Ordenszeit her. Wie es die eifrige Teichwirtschaft des Ordens mit sich brachte,33 hat er eine besondere Vorliebe für Wasseranlagen gehabt, die ausserdem die Wasserkraft für Mühlen lieferten. So sind auch die beiden künstlichen, ungefähr 15 km langen Wasserläufe, der Königsberger Landgraben und der -Wirrgraben von ihm angelegt. Der Landgraben führt seinen Namen vom Warger Teiche ab, der von Norden Zufluss erhält und ein vollgestautes Thal darstellt. Durch die 1887/91 angelegte Thalsperre bei Wiekau werden auch die drei Quellbäche des Greibauschen Mühlenfliesses für den Landgraben abgefangen. Die beiden weiterhin vom Landgraben durchflossenen Teiche, der Philippsteich und Fürstenteich sind auch Aufstauungen und erst recht gilt das vom Königsberger Oberteiche, in den der Landgraben mündet, dicht neben der Mündung des Wirrgrabens, der aus dem Dammteiche kommt. Das im Oberteiche zusammenströmende Wasser, das die Entwässerung von ungefähr 150 qkm darstellt, speist den Festungsgraben, den Schlossteich durch eine Schleuse und hat auch einen besonderen Abfluss durch die Hufen. Ausserdem findet noch ein unterirdischer, kanalisierter Abfluss statt, der unter der dritten Fliessstrasse der Stadt Königsberg hinwegführt und in den gleichfalls unterirdischen Abfluss des Schlossteiches nach dem Pregel — die Katzbach — einmündet. Philippsteich und Dammteich versorgen die Königsberger Wasserleitung.

Die Bäche Samlands sind alle klein, weil jeder für sich allein möglichst auf dem nächsten Wege zur Mündung fliesst. Nur bei Kranzbeck finden wir eine Ausnahme. Dort vereinigen34 sich mehrere Flüsschen zu einem nur wenige Kilometer langen, aber tiefen Wasserlaufe, der "Beke", die den Fahrzeugen des Kurischen Haffes einen vortrefflichen Hafen bietet.

Am bekanntesten von allen Bächen dürfte die Rauschener Katza sein, deren Namen vielleicht mit dem starken Gefälle, wahrscheinlicher aber mit dem Namen des unweit der Quelle gelegenen Dorfes Katzkeim zusammenhängen wird. Sie entspringt in der Warnicker Forst, fliesst zuerst nach Südosten, dann in schönem Waldthale nach Nordosten, an Rauschen vorbei; wo sie zum Mühlenteiche aufgestaut ist, und mündet bei Sassau in die See.

Das Neukuhrener schöne Birkenthal wird vom Lachsbache durchströmt.

Zum Frischen Haffe geht das Germauer Mühlen-fliess, das sich bei Germau sammelt und bei Fisch-hausen mündet; einige seiner Quellflüsschen sind der See sehr nahe, aber die vorher erwähnte Landschwelle35 im Südwesten Samlands drängt den Bach von der See ab ins Frische Haff.

Das Forkensche Fliess, der längste aber nicht der wasserreichste Bach Samlands entspringt auf dem kleinen Gebirge und fliesst in langem Thale, das ganz Samland quer durchzieht, nach Süden in die Fischhausener Bucht.

Weiter nach Osten strömt das Greibauer Mühlenfliess und die Widitte durch die Kaporner Heide zum Haff, während der Moditter Bach noch in den Pregel selber mündet

 
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Die Lebensbedingungen und die Siedelungen der
samländischen Bevölkerung.

Unter den verschiedenen Erwerbsarten der samländischen Bevölkerung kommt der Landwirtschaft die grösste Bedeutung zu. Denn wenn man die Einwohnerzahl Königsbergs nicht in Betracht zieht —und Königsberg ist ja keine samländische Stadt — so haben 60 pCt.36 der Bewohner durch sie ihren Unterhalt. Ein genügend günstiges Klima, eine ausreichende Fruchtbarkeit vereinigen sich mit einer hervorragenden Technik der Landwirtschaft, um einen reichen Ertrag zu geben.

Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt zwischen 7 und 8° C. ; der Januar hat —3,2°, der Juli 17,4° C37 als Durchschnittstemperatur. Im Vergleich mit Nordamerika, wo sogar der Eisboden bis zu den Samland entsprechenden Breiten reicht, kann sich Ostpreussen wohl beglückwünschen, es bleibt von Kälte und Wärmeextremen verschont.

Ostpreussen liegt nun auf der Grenze zwischen dem ost- und westeuropäischen, dem kontinentalen und maritimen Klima. Die Luftbewegung ist, vielleicht gerade deshalb, sehr energisch, viel bedeutender als z.B. an der Nordsee. Dort sind in den Jahren 1889 bis 1899 252 Tage, an der Ostsee 467 Tage mit Sturm gewesen.38 Die windige Witterung, verbunden mit bisweilen eintretenden starken Temperaturänderungen, mag die Ursache sein, dass in Königsberg die akuten Erkrankungen der Atmungsorgane viel gefährlicher sind als in andern deutschen Städten.39

Orkane sind selten, kommen aber vor. Der berüchtigte vom 17. Januar 1818 hat auch in Samland enormen Schaden angerichtet. Die „Königsberger Hartungsche Zeitung" vom 22. Januar 1818 berichtet : „Fortwährend laufen die betrübendsten Nachrichten über die Verheerungen des Orkans vom 17. von allen umliegenden Gegenden ein. In Rudau (Lamgarben, Langheim, Hafestrom und Eylau)40 sind die Kirchtürme eingestürzt, die Kirchen selber mehr oder minder beschädigt. Die Wälder um Königsberg, zumal der Eichwald bei Juditten und Palmburg, sowie ein grosser Teil der Kapornschen Heide haben die Hälfte ihrer alten Stämme verloren. Im Fischhausenschen Amte allein sind 600 Gebäude eingestürzt worden."

Die Windrichtung bevorzugt im Frühjahre keine Gegend der Windrose und ist dann auch sehr unbeständig. Im Sommer weht der Wind mehr aus westlicher, im Herbst und Winter mehr aus westlicher und östlicher Hauptrichtung, Nord- und Südwinde sind demnach etwas seltener.41

Was die Windstärke anbetrifft, so überwiegen bedeutend die westlichen, ein Umstand, der für die Küste wichtig ist; zwar weniger für die samländische als für die Kurische Nehrung, deren Wanderdünen deshalb rasch nach Osten gewälzt werden. Auch die ganze Nehrung erfährt ja eine Verschiebung in dieser Richtung.

Samland hat als Küstenland bisweilen auch unter den ungesunden Seenebeln zu leiden.

Der erste Schnee fällt durchschnittlich am 30. Oktober, der letzte am 23. April, und dauernder Schnee liegt durchschnittlich im Jahre 90 Tage.42 Ganz milde Winter kommen vor, wie 1822 und 1884, aber die Kälte ist auch schon so grimmig gewesen, dass die Sperlinge tot vom Dache fielen und Mäuse und Ratten in ihren Schlupfwinkeln erfroren. Aus frühern Jahrhunderten kommt sogar die Kunde, die ganze Ostsee sei zugefroren gewesen, so dass man mit dem Schlitten nicht nur längs der Küste von Königsberg nach Danzig etwa, sondern auch nach Schweden hinüber gefahren sei.43 Freilich verdient diese Nachricht nicht den geringsten Glauben und klingt wie ein Scherz, besonders wenn sie noch hinzufügt, dass Erfrischungsstationen und Gasthäuser von Strecke zu Strecke für die Reisenden eingerichtet waren. Wenn das Pillauer Tief von 1858-78 nur zwölfmal eine feste Eisdecke gehabt hat und zwar durchschnittlich auch nur neun Tage44 lang, so kann man ein Zufrieren der Ostsee nicht für möglich halten. Und wie schwierig vollends eine Schlittenfahrt über ein zugefrorenes Meer sich gestaltet, das hat ja Nansens Expedition durchs Nördliche Eismeer gezeigt.

Der ostpreussische Frühling ist sehr rauh, wie in allen Ostseeländern, da eine rechte Erwärmung nicht eher eintritt, bis die ganze Ostsee wärmer geworden ist.

Das Aufblühen der Pflanzen geschieht in Königsberg 15 bis 18 Tage später als in Berlin, 20 bis 25 Tage45 später als in der warmen oberrheinischen Tiefebene.

Beim endlichen Eintritt der warmen Jahreszeit entwickelt sich die Vegetation sehr rasch.

Der Herbst ist dafür lange dauernd und warm, da die im Sommer erwärmte Ostsee gleichsam wie eine riesige Wärmeflasche wirkt. Spätreifende Fruchtarten, wie Wrucken und Winterobst lässt man noch im Oktober im Freien. Gerste, Hafer, Roggen, Weizen kommen natürlich erst recht bequem zur Reife und werden in den verschiedensten Fruchtfolgen gebaut. Die Kartoffel dagegen wird in Samland weniger gehalten als z. B. in Masuren.

Die Niederschläge46 betragen in höher gelegenen Teilen 650 mm, in den niedrigen (Ostsamland, Kaporner Heide) 600 mm. Selbst dieser verhältnismässig sehr geringe Höhenunterschied des Landes macht sich also bemerkbar. Sie verteilen sieh günstig aufs Jahr, und es ist eher ein nasses als ein trockenes Jahr zu fürchten. Infolgedessen wird ein grosser Teil des Landes als Wiese genutzt. Die vier Kreise: Fischhausen, Landkreis Königsberg, Labiau und Wehlau, enthalten
204022 ha Acker und
45106 ha Wiesen.

Häufig hört man den ostpreussischen Landwirten den Vorwurf machen, dass sie zu wenig den Anbau der edlen Obstsorten betrieben. Doch ist hier die Thatsache zu erwähnen, dass Brandenburg und Posen Kernobst, das kühlere und feuchtere Pommern Kirschen zieht, ja, dass auf dem kleineren Gebiete des Fläming in den untern Teilen der Apfelbaum, in den obern aber auch die Sauerkirsche erscheint. Demnach dürfte dem Klima Ostpreussens die Sauerkirsche angemessen sein. Wie weit sich indessen die Ungunst des Klimas besiegen liesse, das ist eine andere Frage.

Auch der Zuckerrübenbau, der im Samland in der Umgegend von Tapiau betrieben wird, soll nach einer allerdings alten Angabe nicht denselben Ertrag liefern wie z. B. in Sachsen. Der Zuckergehalt war hier 8 pCt., dort 14 pCt.47

Das Terrain Samlands ist auch im Westen nirgend zu abschüssig für die Beackerung. Über die Kuppen bergauf und bergab läuft die Saatendecke.

Die unfruchtbaren Liegenschaften sind gewöhnlich mit Wald bestanden, womit natürlich nicht gesagt werden soll, dass der Wald seinen Grund von vornherein als unfruchtbar kennzeichnet. Kleinere Waldparzellen sind überall hin verstreut, die ein schönes, für Samland und für den grössten Teil Ostpreussens überhaupt charakteristisches Landschaftsbild geben,

Besonders im Frühling und Herbst, weil dann der gewöhnlich vorhandene Kontrast zwischen Laub- und Nadelbäumen in der Farbe am besten zur Geltung kommt. Sehr alte und mächtige Bäume sind selten, aber in dem Warnicker Parke stehen eine ganze Anzahl sehr alter Linden, Eschen und Birken.48

An der Wasserscheide ist ein reicherer Waldbestand. Der Boden ist hier bei dem unausgeprägten Relief des Landes schwerer zu entwässern, der Lehm zäher und strenger,49 so dass Rodungen hier weniger vorteilhaft waren.

Besonders günstig wirkt auf die landwirtschaftlichen Verhältnisse Samlands die nahe Grossstadt ein. Ein bedürfnisreicher, nie versagender Markt ist hier für alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse geboten, gewöhnlich für höhere Preise als in der Provinz. In Mittel-Samland, das durch die Königsberg-Kranzer Eisenbahn schon anderthalb Jahrzehnte gewissermassen zur näheren Umgebung Königsbergs geworden und jetzt noch besser erschlossen ist, beschäftigen sich von 1000 Einwohnern 5650 mit der Bereitung von Nahrungs- und Genussmitteln, doppelt und dreimal so viel, wie sonst im nordöstlichen Deutschland. Der Grossstadt ist auch das gut entwickelte Verkehrsnetz Samlands zu danken, das auch in den entfernten Teilen deutlich nach Königsberg gerichtet ist. Orte, die mehr als 7,5 km von der nächsten Eisenbahn entfernt sind, kommen so gut wie gar nicht vor, während höchstens der vierte Teil des samländischen Gebietes mehr als 4 km bis zu der nächsten Bahnstation hat. Die in Samland vorhandenen Bahnlinien sind zusammen 284,5 km lang; auf 100 qkm Flächeninhalt des Landes geht also 13,9 krn Bahnlinie, gegenüber 10,7 km in ganz Gr.-Britannien, 7,4 km in Mittel-Europa.51

Die Kranzer Bahn, eröffnet am 31. Dezember 1885, giebt dem heute reich besuchten Badeorte die Verbindung mit dem Weltverkehr und dient darum hauptsächlich der Personenbeförderung, während bei der Pillauer Bahn, die zwar auch nach einem Badeorte, gleichzeitig aber auch zu einem Hafenorte führt, der Güterverkehre52 die Hauptrolle spielt.

Mit grosser Freude wurde die Eröffnung der Samlandbahn53 begrüsst, denn sie führt von Königsberg direkt zu den schönsten Partieen des nördlichen Samland. Diese Linie, die hoffentlich bald ebenso wie die Kranzer Bahn den Vollbahnbetrieb aufnehmen wird, hat sonst nur lokale Bedeutung. Dasselbe gilt von den übrigen noch nicht erwähnten Eisenbahnen Samlands. Für die Strecken Fischhausen-Palmnicken, Marienhof-Gaffken, sowie für die Kleinbahnen Königsberg-Schaaksvitte, Tapiau-Prawten und Tapiau-Klein-Scharlack versteht es sich von selbst. Aber auch die Bahn Königsberg-Labiau, die weiter nach Tilsit führt, kann sich keiner besondern Bedeutung erfreuen. Der Güterverkehr geht hauptsächlich zu Schiffe auf dem „langen Wasser", wie die Verbindung von Pregel, Deime, Grossem Friedrichsgraben, Seckenburger Kanal, Gilge, Memel genannt wird. Wie wenig werden die Isochronen54 durch sie hinausgerückt, im Gegensatz zur Kranzer oder zur Pillauer Bahn.

Die Ein-Stunden-Isochrone, bezogen auf Königsberg, begreift Gebiete, die man in einem viertel Tage bequem besuchen kann, und dazu gehört die See bei Kranz und Neuhäuser; ein Umstand, der von den Königsbergern dadurch um so mehr benutzt werden kann, dass die zahlreichen Züge jede Zeiteinteilung für Hin- und Rückfahrt gestatten.

Die Zwei-Stunden-Isochrone, die etwa einem Zeitaufwande von einem halben Tage entspricht, umschliesst die ganze Südwestecke und, was noch mehr in Betracht kommt, einen grossen Teil des Nordstrandes, der sich infolgedessen tagtäglich eines zahlreichen Besuches im Sommer erfreut.

Die strebsame Intelligenz, die die Grossstadt dem Menschen anerzieht, die Bekanntschaft mit andern Gegenden, die der Handel vermitteln konnte, wären ideelle Vorteile, die aber auch praktischen Nutzen der Landwirtschaft gebracht haben, da sie zur Einführung fremder Zucht und anderer Wirtschaftsart frühe anregten.
Auf Verbesserung des Bodens ist man mit grossem Eifer bedacht, wobei Mergeln, d. h. das Befahren des Bodens mit kalkhaltigem Lehm und Entwässerungen die Hauptrolle spielen. Besonders in dem letzten Jahrzehnt sind Drainagen zahlreich angelegt, die im Samland häufiger sind, als im ganzen Pregelgebiet.55 Auch Rodungen werden wohl hier und da noch vorgenommen, da die augenblickliche. für die Landwirtschaft ungünstige Konjunktur zur Anspannung aller Kräfte antreibt.

Denn trotz aller Mühe und technischen Fortschritte geht die Landwirtschaft im Osten einer Gefahr entgegen, die durch die Abwanderung der Landarbeiter nach den Städten und Industriegebieten hervorgerufen wird. Durch immer grössere Weidehaltung und vor allem durch ausgedehnte Maschinenbenutzung sucht man den Arbeitermangel weniger empfindlich zu machen. Sonst würde die Volksdichte auf dem Lande überall etwas höher sein.

Dazu kommt in Samland noch ein Umstand, der die Volksdichte herabdrückt. Fast zwei Drittel des samländischen Bodens entfällt auf den Gutsbesitz, also den grösseren Besitz, nur ein Drittel auf die Gemeinden, die grösstenteils kleinere, bisweilen auch grössere Grundstücke enthalten. Die Bevölkerung ist aber da viel dünner, wo der Grossgrundbesitz vorherrscht; denn der Gutsherr braucht für ca. 25 ha eine Instfamilie, wenn er nicht mit ledigen Knechten und Mägden seine Arbeiten ausführt und so noch weniger Einwohner auf seinem Gute hat. Es reichen aber 4 bis 5 ha vollkommen aus, um eine Kätnerfamilie zu ernähren, und in Gemeinden, wo der Kleinbesitz vertreten ist, wird die Bevölkerung stärker sein.

An Menschenmaterial und auch an Steuern vermag der Grossgrundbesitz nicht so viel dem Staate zu bieten, aber der frei werdende Überschuss an Produkten ist grösser. Eine höhere Bildung leitet die Arbeit, ein grösseres Kapital steht unter einheitlicher Leitung und Maschinen lassen sich viel eher anwenden.

Die Zahl der Haustiere ist auf den Gütern nicht nur relativ, sondern überhaupt kleiner als in den Gemeinden.

Folgende statistische Angaben sollen das eben Gesagte erläutern :

In den vier Kreisen: Fischhausen, Landkreis Königsberg, Labiau und Wehlau, gehen auf den Gemeindebesitz: 171639 ha, 128460 Einw. (ohne Städte), auf den Gutsbesitz : 244 493 ha, 60 785 Einwohner.

Die Gemeinden
haben:

Die Güter
haben:


30298


18223


Pferde

63667


58239


Rinder

29408


43712


Schafe

58031


43550


Schweine

2450


444


Ziegen

204495


120972


St. Federvieh56

Das Überwiegen des Gross-Grundbesitzes in Samland verrät sich dem ersten Blicke in die Landschaft. Von vielen Punkten aus sieht man rings weite, bebaute Ackerflächen, aber keine Siedelungen.

Den Siedelungsplatz hat der freie Wille der ersten Kolonisten ausgesucht. Daher lassen sich heute bei der Hälfte der samländischen Siedelungen schon aus der Karte die Gründe erkennen, die das Gehöft gerade an seiner Stelle erstehen liessen. Zwei Momente sind hauptsächlich für den Menschen massgebend gewesen: der Wunsch nach bequem zu erreichendem Trink- und Tränkwasser und nach einem guten, trockenen Bauplatze. Wenn wir uns vergegenwärtigen, wie schwierig bisweilen die Anlage eines wasserreichen Brunnens gewesen sein muss, welche Mühe auch dann noch das Aufschöpfen der ungezählten Eimer für Vieh und Pferde täglich verursacht, dass ferner die Brunnen im Hochsommer und Winter auch noch so oft versiegen, so wird es uns sehr natürlich erscheinen, dass jede zweite samländische Siedelung an Bächen oder Teichen liegt.57 Wenn freilich der Boden am Bache zu nass ist, dann ziehen sich die Siedelungen von ihm zurück. Hier tritt eben das andere Moment in Geltung, der Wunsch, einen möglichst trockenen Hof zu haben. So hat das Germauer Mühlenfliess an seinem Oberlaufe mit den höheren Uferrändern alle 2-3 km eine Siedelung, aber der Unterlauf durch nasse, ausgedehnte Wiesen ist siedelungsleer. In sehr niedrigem Terrain werden gerade die höchsten Stellen besiedelt, wie im nordöstlichen Samland oder südlich von Kranz.58

Das Alluvium, so angenehm es dem Menschen wegen seiner Fruchtbarkeit auch sein mag, wird nicht gern besiedelt. Seine Entstehung setzt ja bereits eine niedrige Lage voraus. Aber diluviale Inseln im Alluvium sind stets etwas höher und werden mit besonderer Vorliebe zum Siedelungsplatz ersehen. In den ausgedehnten Alluvionen der Kurischen Haffküste,59 des Pregelthals,60 der Kaporner Heide,61 haben wir für diesen Fall viele Beispiele. Dieselbe Ursache ist in der Thatsache wirksam, dass gerade die höhern Thalränder des Pregel- und Deimethals, also auch die Grenze zwischen Alluvium und Diluvium, zahlreich besiedelt sind. Und zwar folgen die Gehöfte ziemlich genau der Grenze, so dass die Dörfer am Pregelthal gewöhnlich westöstlich in die Länge gezogen sind.62 Wo der Pregel selber dem höhern Ufer nahe kommt und so ausnahmsweise eine bequemere Verbindung mit dem Flusse möglich ist, da ist gewöhnlich sogar eine stärkere Siedelung entstanden.63

Das Aussehen der Siedelungen spricht für Wohlhabenheit des Landes. Mehr wie die Hälfte der Gebäude ist massiv gebaut und zeigt unter grünen Bäumen das schmucke Ziegeldach.

Das Wohnhaus entspricht der Besitzverteilung und so findet man in Samland verhältnismässig häufig den schlossartigen Herrensitz und das einstöckige Gutshaus mit seiner Veranda, während das Bauernhaus im Vergleich mit Littauen schon viel seltener vorkommt und Kätneranwesen, mit denen dort manche Gegend förmlich besät erscheint, in Samland so gut wie gar nicht zu sehen sind. Die Scheune, der zuverlässige Fruchtbarkeitsmesser, ist stets geräumig und hat wie die Wirtschaftsgebäude überhaupt einen viel grösseren Umfang als das Wohnhaus. Wo das Wohnhaus in einer Siedelung mehr hervortritt, da werden andere Erwerbsarten neben der Landwirtschaft betrieben.

Für die Ostseeküste könnte man erwarten, dass der Gewinn des Bernsteins eine Erhöhung der Volksdichte bewirkt hätte. Doch trifft das nur für die beiden Bergwerksdörfer Palmnicken und Kraxteppellen mit ihren zahlreichen, gleichartigen, massiven Arbeiterhäuschen zu. Im Gegenteil, diese Auszeichnung des Meeres ist den nächsten Anwohnern ein wahres Danaergeschenk gewesen. Der deutsche Orden nahm die Bernsteingewinnung sofort als sein Regal in Anspruch. Die Küstenbewohner hatten ihn für einen kärglichen Lohn zu sammeln. Um die Entwendung zu verhindern, waren barbarische Strafen auf den geringsten Diebstahl gesetzt, und mancher arme Schelm, den das kostbare Harz verlockt hatte, büsste sein Vergehen am Galgen, der hoch auf dem Ufer bereit stand.64

Der Grosse Kurfürst erliess eine mildere Bernsteinordnung, die bis ins 19. Jahrhundert galt. Sie verordnete aber, dass alle erwachsenen Strandbewohner alle drei Jahre schwören mussten, sowohl selber keinen Bernstein zu veruntreuen, als auch jeden Schuldigen, nötigenfalls auch ihre Angehörigen, zur Anzeige zu bringen. Der Strandeid wurde wo nur möglich nicht gehalten, und es trat eine ausserordentliche Demoralisation der Bewohner ein. Das Betreten des Strandes durch Fremde war strenge verboten. Selbst die Fischer waren in der Ausübung ihres Berufes beschränkt. So standen die Küstenbewohner dem Regal und den Beamten genau so feindlich gegenüber, wie die mitteldeutschen Bauern den fürstlichen Hirschen und Jägern. Daher war grosse Freude, als 1837 die Bernsteingewinnung an die Strandbewohner verpachtet wurde. Der Verkehr am Strande wurde freigegeben, die Bernsteinpacht brachte erst recht manchen Thaler ein und so war es eine Zeit wie das Sprüchwort heute noch sagt, "dat de Bur goldene Kneep kun droge." Da auch das Graben in den bernsteinreichen Seebergen (bei Sassau) verpachtet war, so ging es hier wie bei der plötzlichen Entdeckung eines Goldfeldes. Allerlei Gesindel strömte herzu, die Arbeiterverhältnisse der ganzen Gegend verschlechterten sich und 1867 musste das Graben wenigstens den Bewohnern wieder entzogen werden.

Seit dieser Zeit steigerte sich der Ertrag des Bernsteins bedeutend. Die Firma Stantien und Becker versuchte mit Glück neue Gewinnungsarten: Durch Baggern, Tauchen und bergmännischen Betrieb. Der fiskalische Ertrag betrug:

von 1810 - 1865
jährlich
35000
M.
1870
175000
1875
"
350000
am meisten 1877
770000
seitdem
"
ca. 750000
65

Da auch der vom Strande gelesene Bernstein Becker zum Kaufe angeboten werden musste, so war eigentlich das ganze Regal dieser Firma überlassen. Leider wurde dadurch die deutsche Bernsteinindustrie geschädigt, die sich nicht an den Fundorten, sondern in Königsberg, Danzig, Stolp u. a. entwickelt hatte. Seit dem 1. Juli 1899 wird das Bergwerk vom Staate betrieben.

Hoffentlich werden noch andere Gegenden günstige Verhältnisse für den Bergbau haben und gleiche Segnungen erhalten wie Palmnicken, das ja allein dem Bernsteinbergwerk die Bahnverbindung und die höhere Bevölkerung verdankt.

Die grossen Wasserflächen, die Samland anliegen, geben durch die Fischerei einer grossen Anzahl von Menschen Unterhalt, so dass die Küsten ein starkes Anschwellen der Volksdichte zeigen. Im Kreise Fischhausen, wozu allerdings auch ein grosser Teil der Nehrungen mit ihrer fast nur Fischerei treibenden Bevölkerung gehört, zählt man auf 1000 Einwohner sogar 64 Fischer.66

Wenn man die Zahl der gewerbsmässigen Fischer des Frischen Haffes samt ihren Angehörigen auf die von ihnen befischte Wasserfläche verrechnet, erhält man die Dichte 7,67 gewiss eine sehr bemerkenswerte Ziffer gegenüber der gleichen in den südrussischen Steppen und gegenüber der Dichte 1 : 3 qkm an der Küste des Weissen Meeres.

Die Verhältnisse der Natur konnten die Entwickelung der Fischerei nicht sehr begünstigen. Die Ostsee ist überhaupt fischarm. Der schwache Salzgehalt ist daran schuld; wenigstens ist die Fauna in der westlichen Ostsee, wo der Salzgehalt 16 0/00 bei Kiel gegenüber 5 0/00 bei Pillau erreicht, reichartiger und zahlreicher. Keine Insel, kein Gegenland lockt auf die hohe See. Keine Buchten und Fjorde führen wie in Norwegen das tiefere Meer ins Land. Dabei ist die Ostsee, ohne viel von den Segnungen des Meeres zu bieten ein sehr gefährliches Gewässer wegen der unruhigen Witterung und der Hafenarmut der Küsten.68 Von

1889-99 sind an der samländischen Küste ein grosser

Dampfer, ein Segelschiff, vier Lachskutter, zweiunddreissig Fischerböte und vier Steinfahrzeuge gestrandet.69

Am 15. Januar 1902 ist abermals ein grösserer Dampfer infolge des starken Küstenstromes an der Westküste Samlands gestrandet. Gebauer berichtet, dass die amerikanischen Schiffe nur in Begleitung von Lotsen die Ostsee befahren.70

Die beiden Haffe sind wohl fischreich, aber trotz ihrer mässigen Grösse schwierig zu befahren, denn sie gestatten nur flachgehenden Fahrzeugen überallhin den Zutritt.

Es ist so kein Wunder, dass die kurischen Fischer im Mittelalter sich auf der Kurischen Nehrung und an den Küsten Samlands niederlassen konnten, ohne eine neidische Konkurrenz zu finden. In Preussen war zu dieser Zeit noch viel Raum. Manche Hufe wartete auf den Pfug und gab dann bessere Erträge, als die armselige, gefährliche Fischerei.

Heute, nachdem Intelligenz und planmässige Anleitung die Anregung zu geben suchten, die von der Natur versagt blieb, ist der Zustand des Fischereigewerbes schon viel erfreulicher. Wenn auch immer noch sehr wenige Personen von Samland aus zur Hochseefischerei ausfahren, so steht dafür die Küstenfischerei in grösserer Blüte. Für ungefähr 1 1/2 Millionen Mark wurden in den letzten Jahren von beiden Haffen gefangen, für 1/2 Million von den Teilen der Ostsee die zu denselben Aufsichtsbezirken gehören. Durch gesetzlich festgelegte Schonzeiten, Fangvorschriften und Schonreviere ist der Raubfischerei vorgebeugt und so wird auch in Zukunft der Marine das tüchtige Menschenmaterial, dem Volke ein billiges Nahrungsmittel zu Gebote stehen.

Der Fischer ist bei der Auswahl des Siedelungsplatzes nicht auf ein enges Gebiet beschränkt, wie etwa der Landmann. Das landwirtschaftliche Dorf muss auf seinem Areal liegen und zwar möglichst nach der Mitte. Der Fischer aber kann sich aus der langen Uferstrecke eine Stelle zur Siedelung aussuchen, denn sein Lebensraum geht über viele Quadratkilometer.

So haben die Fischereiansiedelungen stets eine geographische Auszeichnung vor ihrer Umgebung. An der Küste des Kurischen Haffes, die zum Teil sogar Überschwemmungen ausgesetzt ist, sind die höchsten Stellen des Ufers besiedelt worden, da man doch eine sichere und trockene Hofstelle haben musste.

Da die höheren Strecken dieser Küste gewöhnlich aus Lehm bestehen und so auch diluviale Tafeln in Alluvialgebieten sind, so ist mit der höheren Lage des Siedelungsplatzes gleichzeitig ein anderer Vorteil verbunden: sie können hier auch etwas Getreide bauen und so die kärglichen Einnahmen erhöhen; und vor allem brauchen sie nicht den grössten Teil der Lebensmittel für bare Münze zu kaufen.

Noch deutlicher zeigt sich der Wunsch des Fischers, eigene Landwirtschaft zu haben, an der samländischen Küste des Frischen Haffes. Nicht nur, dass die fruchtbaren Striche beim heutigen Fischhausen und auf dem Kamstigaller Haken von jeher von zahlreichen Fischern bewohnt gewesen sind — Fischhausen war im 13. Jahrhundert ein ca. 100 Hütten zählendes Fischerdorf, wenn auch dessen Namen nichts mit der Fischerei zu thun hat71 — auch die Ortschaften Peyse, Zimmerbude, Gross Heydekrug haben der Kaporner Heide waldfreie Flächen abgewonnen und machen sich die Mühe, den unfruchtbaren Sandboden sogar mit Roggen zu bestellen, obwohl er stets nur sehr kurze, die sogenannten "Bremsenähren" zeitigt.

Die Küste des Frischen Haffes verläuft unregelmässig: die breite Halbinsel des Peyser Hakens streckt sich aus der allgemeinen Küstenrichtung nach Süden vor und schliesst mit dem nördlichen Ende der Frischen Nehrung die Fischhausener Bucht ein. Hier kann man auch einen Einfluss des Küstenumrisses auf die Gruppierung der Siedelungen erkennen. Die Fischer haben sich teils an dem äussersten Vorsprunge des Wassers ins Land — also im innersten Winkel der Bucht — teils wieder auf den äussersten Vorsprüngen des Landes ins Wasser hinein in grösserer Zahl eingefunden. Dort haben sie die beste Absatzmöglichkeit, besonders für die tot im Staaknetz gefangenen Fische, die sofort aufs Land gefahren und verkauft werden; von dem Peyser und Kamstigaller Haken aus, wo beinahe alle vier Quadranten der Umgebung von Wasserflächen gebildet werden, wo die nahe Verbindung mit der See, auf Haff und See zu fischen gestattet, haben sie wieder die beste Fanggelegenheit. Wenn irgendwo, so kann hier das wahre Fischerheim sein, und es ist durchaus den geographischen Verhältnissen entsprechend, dass die erste grössere, industrielle Anlage Ostpreussens auf dem Gebiete der Fischerei, die 1890 gegründete „Commanditgesellschaft für Seefischerei" in Alt-Pillau auf dem Kamstigaller Haken entstand. Hauptsächlich handelt es sich hier um die Verwertung des Stichlings, der besonders im Pillauer Tief in grossen Massen gefangen und zu Fischthran und Fischmehl verarbeitet wird.72 Dass Peyse einer der wenigen Orte ist, von denen aus Hochseefischerei betrieben wird, mag auch als ein Kennzeichen für die Anregung bringende Lage dieses Fischerortes angeführt werden.

An der Ostseeküste selber liegen die Fischeransiedelungen an den Mündungsschluchten der Bäche oder an ähnlichen Erosionsbildungen. Das ist ja eine Eigentümlichkeit der normännischen Küstengestaltung, die sich erst recht in der Normandie selber zeigt. Das Ufer ist steil und unzugänglich, und daher schliessen sich die Siedelungen an die wenigen natürlichen Verbindungswege zwischen Land und Meer an, die auch mit Wagen befahren werden können. Alle Fischerorte an der samländischen Ostseeküste haben diese Lage (Alknicken, Neukuhren, Warnicken an der vielgenannten Wolfsschlucht, Gross und Klein Kuhren u.a.)

Da seit 1837 der Fremdenverkehr am Ufer erlaubt war, so konnten die Küstenorte auch aus der Schönheit ihrer Lage Vorteil ziehen und der samländische Strand ist jetzt im Sommer von zahlreichen Fremden besucht. Doppelt und dreimal so viel als sonst im nordöstlichen Deutschland ernähren sich durch ,,Beherbergung und Erquickung", nämlich 18 von 1000 Einwohnern.73

Am meisten Zuspruch haben jetzt allerdings zwei Badeorte, die nicht an dem interessanten Steilufer liegen : Kranz und Neuhäuser; aber sie hatten zwei praktische Vorteile vor jenen Gegenden voraus, einen kräftigem Wellenschlag und die früher erlangte Verbindung.

Kranz wurde schon 1816, als der Verkehr am Strande sonst überhaupt verboten war, als Seebad eingerichtet und ist heute zum internationalen Weltbade geworden, das von 6000 Kurgästen jährlich aufgesucht wird. Der Ort selber hat sich von dem ehemaligen Fischerdorfe zu einer städtischen Siedelung entwickelt. Seit dem 1. August 1900 wird die Kranzer Bahn im Sommer als Vollbahn befahren, so dass heute ein Ausflug von Königsberg nach Kranz dieselbe Zeit beansprucht,wie etwa ein Spaziergang durch ganz Königsberg.

Neuhäuser entstand erst 1865, als die Bahnverbindung zwischen Königsberg und Pillau hergestellt war. Die Villenkolonie, die wohlhabende Königsberger hier auf der stillen und schön gelegenen Halbinsel anlegten, ist heute ein Badeort, der bis 1000 Gäste in der Saison zählt. Von Neuhäuser aus ist dann erst die Kieferplantage auf dem öden Sandterrain zwischen Neuhäuser und Pillau angelegt worden, das durch die Abholzungen der Schweden 1657 seinen Wald verloren hatte.74 So hat die Bahnlinie, die ja häufig wie ein Zauberstab zu wirken pflegt, hier sogar das Aussehen der ganzen Landschaft verändert.

Durch die Samlandbahn ist auch die Nordküste Samlands erschlossen und die dortigen Siedelungen, die bisher mehr als Sommerfrischen benutzt waren, treffen jetzt alle Anstalten, um in den Wettbewerb mit Kranz und Neuhäuser einzutreten; besonders Rauschen, das sich in der Litteratur eines wahren Ruhmes erfreuen kann,75 wird ohne Frage einen bedeutenden Aufschwung nehmen.

Wie an der Küste, so befinden sich auch im Innern des Landes Bezirke mit viel höherer Volksdichte Das sind die Gemarkungen der Kirchdörfer, und zwar sind hier Handel und Verkehr die wirkenden Ursachen. Die Kirche versammelt jeden Sonntag einen Teil der umwohnenden Bevölkerung und Krämer, Handwerker, Gastwirte finden dadurch den Unterhalt. So wird die Bevölkerung zahlreicher.

Die Kirchen wurden stets im Anschlusse an die Burgen des Ordens, diese wieder bisweilen an der Stelle alter Preussenburgen erbaut. Wie lebhaft das Schutzbedürfnis war, geht aus dem Umstande hervor, dass die Kirchen selber als Fliehburgen gedient haben. Man kann also mit einiger Berechtigung sagen, wo sich eine Stelle im Lande leicht befestigen und verteidigen liess, da ist heute eine höhere Volksdichte zu finden.76 Jede bemerkenswerte Steigerung der Volksdichte auch im kleinen lässt sich demnach mit geographischen Ursachen in Zusammenhang bringen.

Für die städtischen Siedelungen versteht sich das von selbst. Die Städte Samlands liegen am Ost- und Südrande und bezeichnen durch ihre Lage die bedeutende Verkehrsstrasse, die weit aus dem Kontinent hier vorbei zur See führt.

Nahe an der Mündung der Deime liegt Labiau, und zwar wie gewöhnlich die Mündungsstädte, da, wo sich der letzte und beste Übergang über den Fluss bietet. Die höheren Ränder des Deimethals, sonst 1 km von einander entfernt, treten hier auf 650m einander nahe. Die Deime schlängelt sich aus der Mitte des Thais an das diluviale Ufer heran. Unterhalb von Labiau erweitert sich das niedrige Flussthal sofort so, dass der Übergang zur Zeit der häufigen Überschwemmungen ganz unmöglich ist. Wie auf Seite 12 ausgeführt wurde, sind Pregel- und Deimethal sehr verkehrshinderlich; um so mehr Anziehungskraft besitzt in dem Falle jede natürliche Erleichterung des Überganges.

Auch die Lage an der Ecke des Kurischen Haffes ist wichtig. Fjorde und auch offene Meerbusen haben ja stets im innersten Winkel eine grössere Siedelung. Die verschiedenen Erwerbsarten des Landes und der See brauchen ihren Tauschort und der verlegt sich naturgemäss dahin, wohin man zu Wasser gut hinkommen kann und wohin möglichst viele Bewohner des innern Landes möglichst bequem hingelangen. Eine preussische Siedelung77 bezeichnete bereits dem Orden diese Stelle zur Anlegung seiner Burg, die dann wieder die Bedeutung des Ortes hob. Labiau war ein wichtiger strategischer Stützpunkt mit der bequemen Verkehrsmöglichkeit zu Wasser, vorwärts nach dem Schauplatz der unaufhörlichen Grenzfehden, und aus den westlichen Gebieten hierher. Im Gegensatz zu Ragnit war Labiau nicht so gefährdet, weshalb denn auch der Orden einen Karwan78 hier anlegte. Der „Grosse Friedrichsgraben" kann zur Vergrösserung Labiaus nichts beigetragen haben. Während bis dahin die Wittinnen tagelang bei stürmischem Wetter in Labiau warten mussten, brauchte der Verkehr jetzt keinen Aufenthalt zu nehmen. 1642 erhielt die Lischke die Stadtgerechtigkeit, 1818 wurde Labiau Kreisstadt.

Tapiau, am Ausfluss der Deime, erhielt erst 1722 das Stadtrecht, ist nicht die Hauptstadt in seinem Kreise, sondern hat mit dem nahen Wehlau zu konkurrieren. Aber als Vereinigungspunkt dreier wichtiger Wasserstrassen, ferner von fünf Bahnlinien, hat es bessere Lebensbedingungen als Labiau und hat die ältere Stadt bereits so gut wie überflügelt.79 Durch Labiau geht nur eine Eisenbahn, während die Kleinbahn Tapiau-Klein-Scharlack die Verbindung mit dem nahen Labiau, was für diese Stadt sehr bezeichnend ist, noch immer nicht erhalten hat. Dass aber Tapiau sowie Labiau auch in früher Zeit durch die Wasserstrassen einen reichen Verkehr hatten, das beweist das Vorhandensein vieler Krüge in den ehemaligen Lischken.80 Die Ordensburg Tapiau wurde an Stelle der preussischen Feste „Sugurbi" erbaut.81 Sehr frühe war also die strategische Bedeutung dieses Platzes, die auch durch das Deimethal ohne den Fluss gegeben ist, gewürdigt.

Während Labiau und Tapiau sozusagen natürlich aufwuchsen, verdankt Fischhausen seine frühzeitige Entstehung dem Eingriff des Menschen. Das etwa 100 Fischerhütten zählende Dorf Schönewik, im Winkel der schönen Haffbucht gelegen, mit seiner bequemen Verkehrsmöglichkeit nach Königsberg, Braunsberg und Marienburg, konnte dem samländischen Bischofe zur Residenz schon gefallen, und seine Anwesenheit hob dann das Dorf bald zu städtischer Würde und Grösse empor, gab dem anwachsenden Orte auch den Namen (Fischhausen-Bischofshusen). Schon im Jahre 1305 gelang es dem Bischofe, das städtische Privilegium auszuwirken.82

Alle drei bis jetzt genannten Städte werden sich nie viel über ihre jetzige Bedeutung erheben. Fischhausen und Labiau haben viel Wasser und Wald in der Umgebung, allen liegt Königsberg zu nahe, und die Entfernungen bedeuten immer weniger. Auf den Märkten, in den Gesprächen auf der Strasse und im Gasthause merkt man deutlich, dass man sich noch in der Nähe Königsbergs befindet. Sie sind ja auch durch die Eisenbahnverbindung nur eine Stunde, Labiau zwei Stunden von Königsberg entfernt. Gerade in den letzten Jahrzehnten des allgemeinen Aufschwunges haben sie wenig zugenommen.

Die Bevölkerung besteht noch zum Teil aus Ackerbürgern ; ein mässiger Handel bringt der Umgegend die fremden Produkte und übernimmt den Weiterverkauf der heimischen. Das einer grösseren Volksanhäufung entsprechende Gewerbe stellt einen weitern Anteil.

Pillau ist der ausgesprochene Verkehrsort. Nicht viel mehr Land als die Häuser bedecken, gehört zur Kommune. Das gesamte Interesse der Bewohner dreht sich um den Hafen und die Schifffahrt, und was von Menschenwerken in Pillau ins Auge fällt, bezieht sich darauf: der Leuchtturm, die umfangreichen Hafenanlagen auf der geschützten Haffseite und vor allem die gewaltigen Moolen; fast ein Kilometer weit geht man hinaus auf dieser Feste zwischen den Wassern. Wendet man dann das Auge rückwärts, da schauen aus grünen Wällen die stählernen Wächter herüber, die die Pforte des Landes schützen.

Pillau wäre ohne Frage heute bedeutender, wenn das Tief von jeher hier bestanden hätte. Erst 1479 entstand der Durchriss, der 151083 fahrbar wurde, als das ältere Balgasche84 Tief durch die Danziger gesperrt worden war. Im Jahre 1725 wurde Pillau Stadt. Viel früher dachte man an militärischen Schutz. Schon der Grosse Kurfürst hat die heute sehr wichtige Festung angelegt.

Im Winter, wenn das Eis auf dem Frischen Haffe die Schifffahrt nach Königsberg sperrt, dann ist für Pillau die schönste Zeit. Sein Hafen ist gewöhnlich eisfrei und ist dann nicht Vorhafen, wo ein kleiner Teil der Ladung gelöscht wird, sondern der wichtigste Exporthafen Ostpreussens und des weitern Hinterlandes. Seit dem 11. September 1865 hat Pillau auch die notwendige Bahnverbindung mit Königsberg erhalten.

In den letzten Jahrzehnten hat Pillau an sich selber die Erfahrung machen müssen, dass die Bedeutung eines Vorhafens um so mehr zurückgeht, je besser der Weg zum eigentlichen Handelsorte selber wird. Durch Baggerungen ist die Fahrrinne durch das Frische Haff immer mehr vertieft worden, und das neue grossartige Werk, der Königsberger Seekanal, wird mit seiner Tiefe von 6 1/2 m85 auch den grösseren Schiffen das Hinauffahren nach Königberg mit voller Ladung gestatten. Am 15. November 1901 ist er dem Verkehr übergeben worden. In diesem Falle bleibt für Pillau noch immer der Binnenverkehr aus dem Frischen Haffe, dessen Fäden sich hier dem überseeischen Verkehre einlegen können. Eine nahe Umgebung mit reichem Konsum und starker Produktion fehlt allerdings gänzlich. Das ist wohl der Hauptgrund, dass Pillau trotz der lebhaften Verkehrs- und Handelsbeziehungen eine kleine Stadt geblieben ist. Die Einwohnerzahl Pillaus, die in letzter Zeit ganz und gar stagniert, ist kein genaues Kennzeichen für seine Entickelung. Die 24 ha, die zu Pillau gehören, gewähren nicht all zu viel Raum zum Häuserbauen. Nach der Seeseite hindert das Festungsterrain die Ausbreitung; so muss Pillau auf das Gebiet von Alt-Pillau hinüberwachsen. Alt-Pillau zeigt daher einen lebhaften Aufschwung, Pillau gar nicht. Beide Siedelungen sind eigentlich eine, und auch die Verwaltung wird vermutlich die Vereinigung bald vornehmen.

Folgende Zahlen mögen die Entwickelung der Städte Samlands veranschaulichen:

Einwohner waren:

 
1864
1885
1895
1900
in Pillau
2785
3432
3192
2992
in Alt-Pillau
1301
2408
3731
4394
zusammen
4086
5840
6923
7386
Fischhausen
2416
2760
2755
2747
Labiau
4641
4750
4506
4456
Tapiau
3209
3059
4069
4320
Kranz (Dorf)
925
1321
1843
2202

Zu den Städten Ost- und Westpreussens, deren erste Ansiedelung im Anschlusse an eine Burg erfolgte, gehört auch Königsberg. Die Burg wurde 1255 gegründet und vielleicht zu Ehren des Königs Ottokar, der dem Orden bei der Eroberung Samlands geholfen hatte, Königsberg genannt86 Ein Stück des samländischen Plateaurandes, Tuwangste genannt, bot eine gute, örtliche Gelegenheit für die Feste, die den besten Übergangspunkt über den Pregel schützte, sozusagen ein Ausfallthor nach dem noch lange nicht unterworfenen Samlande bildete und auch ein wichtiger Stützpunkt für die ostwärts gerichteten Angriffe war. Denn die Wasserstrassen haben eine sehr wichtige Rolle bei den Kriegsunternehmungen des Ordens gespielt.

Die ersten Ansiedelungen schlossen sich im Nordwesten an und zwar auf der Höhe; erst bei dem zweiten Aufbau nach der Zerstörung im Jahre 1260 wählte man den Raum zwischen Schloss und Fluss.

Mit welchen Hoffnungen man sich für die neue Siedelung trug und worin man deren Zukunft erwartete, das zeigt der Umstand, dass die älteste Kirche, die heutige Steindammer, dem heiligen Nikolaus,87 dem Schutzpatron der Seefahrer, geweiht wurde. Bezeichnend für das rasche Anwachsen der Stadt war die Gründung der Neustadt, des Löbenicht, schon im Jahre 1300, der dritten Stadt — des heutigen Kneiphof — im Jahre 1327; und sogar die Gründung einer vierten auf dem natangischen Ufer wurde eine Zeit in Aussicht genommen.

Je weiter der Orden vordrang und die umkämpfte Grenze nach Osten vorschob, desto mehr konnten die geographischen Vorzüge dieses Ortes auch für Handel und Verkehr zur Geltung kommen. Der Landverkehr, der von Süden nach Samland strebt, fand hier den besten Übergang, da eine Erhebung — der heutie Haberberg — das Pregelthal zum grössten Teile ausfüllt. Auch hatte der Pregel infolgedessen hier etwas höhere Ufer, wodurch der Brückenbau erleichtert war. Für das Übersetzen mittelst der Fähre war hier auch die gebotene Stelle, da die Fähre nur einmal benutzt zu werden brauchte, weil sich die beiden Flussarme hier vereinigen. Unterhalb Königsbergs erweitert sich das Pregelthal sofort bedeutend, so dass hier ein Überschreiten bald unmöglich war. Aber auch oberhalb Königsbergs, ist der Pregel nicht leicht zu passieren, wie auf S. 8 f. ausgeführt wurde. Am besten wird die Begünstigung Königsbergs durch die Länge der Brücken illustriert. Sie sind in Königsberg, wo allerdings Auffüllungen stattgefunden haben, 24-65 m lang. Dagegen hat die Pregelbrücke bei Tapiau 247 m Lichtweite, wobei noch ein über 1/2 km langer, mehrere Meter hoher Damm durchs Pregelthal nötig war.

Königsberg ist demnach die ausgesprochene Brücken- und Mündungsstadt.

Der Pregel ist unterhalb Königsbergs tief genug, um auch grösseren Schiffen die Herfahrt zu gestatten. So berührt sich hier See- und Flussschifffahrt, und das Umladen der Waren, das hier notwendig erfolgen muss, ist dem Entstehen und Wachsen einer Siedelung stets sehr günstig. Zudem in der Mitte des ostpreussischen Küstenverkehrs,88 an der Mündung des specifisch ostpreussischen Flusses gelegen, war Königsberg berufen, die Haupthandelsstadt Ostpreussens zu werden. Indessen erstreckt sich sein Gebiet weit nach Russland hinein. Vor einigen Jahrzehnten war Königsberg der wichtigste Exporthafen des Landstriches, der sich zwischen den Linien Königsberg—Moskau und Königsberg—Odessa ausbreitet.89

Sehr wichtig war für diese Entwickelung des Königsberger Handels die Deime, da hierdurch der russische Verkehr der Memel nach Königsberg gelenkt werden konnte. Die frühzeitige Anlage des „Grossen Friedrichsgraben" spielte dabei auch eine grosse Rolle. Seit 1697 waren dadurch die Fährnisse des Kurischen Haffes für den Verkehr von der Memel nach Königsberg beseitigt. Dagegen mussten die Flösse und Wittinnen, die von Tilsit nach Memel wollten, noch bis zum Jahre 1873 den gefährlichen Weg übers Kurische Haff machen. Noch 1859 war die Memel die Hauptstrasse90 des Königsberger Handels mit Russland. Der Verkehr der Deime besteht heute zu 9/10 in Holztransporten, da das Heranschaffen der andern Handelsartikel von der schnellern Eisenbahn besorgt wird. Infolgedessen ist er zu Berg 12mal grösser als zu Thal.

Königsberg hat auch durch die Geschichte sehr wirksame Begünstigungen erfahren, am meisten durch ein dem Orden selber sehr ungünstiges Ereignis, den zweiten Thorner Frieden vom Jahre 1466. Es wurde danach Residenz und Sitz der Landesregierung, die es sich sehr angelegen sein liess, die Hauptstadt des zusammengeschrumpften Staates zu fördern. So erhielt die Stadt das Privilegium, dass alle Städte östlich von Ermland über Königsberg handeln sollten. Diese Bestimmung wurde für Memel erst 1657 aufgehoben, blieb aber für die andern Städte bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts bestehen und begünstigte so auch indirekt Königsberg.

Als Universitätsstadt wurde Königsberg auch die geistige Metropole in Preussen und sie beherrscht ihr Gebiet auch heute noch um so nachdrücklicher, da sie dem übrigen Deutschland so entlegen ist. Besonders die medizinischen Anstalten erfreuen sich eines weiten Rufes bis tief nach Russland hinein. Selbst aus den Wolgagegenden kommen viele Kranke nach Königsberg.

Die grosse strategische Bedeutung, die bei der ersten Gründung mitsprach, ist dem Platze auch heute geblieben. Königsberg ist heute Festung ersten Ranges. Der Pregel mit seinem sumpfigen Thale hindert die Kommunikation des Belagerungsheeres, so dass dieses grösser sein muss, um mit jeder Hälfte einem Ausfalle der Besatzung Widerstand leisten zu können. Ausserdem kann Verproviantierung und Benachrichtigung dann noch immer geschehen, so lange nicht die durch Forts geschützte Pregelmündung oder die Küsten des Frischen Haffes mit Pillau in Feindeshand gefallen sind.91

Wir haben also in Königsberg eine Siedelung, die genügend ausgestattet ist mit geographischen Vorzügen, solchen, die einst wichtig waren und solchen, die jetzt den Ausschlag geben. So konnte sich hier eine Grossstadt entwickeln.

Der Königsberger Handel kann heute allerdings keinen weiteren Aufschwung verzeichnen. Seine Blüte war 1873-78,92 als Russland zwar durch die wichtigsten Bahnlinien erschlossen war, als aber noch nicht daran gedacht wurde, die russischen Exporthäfen Libau, Riga, Reval und Odessa durch günstige Tarife Königsberg gegenüber zu unterstützen. Das geschah aber in den nächsten Jahren und da ging auch der Königsberger Handel zurück. Die Zufuhr in Getreide betrug:93

1873: 312897 t, 1884: 335039 t,
1875: 418737 t, 1886: 204522 t,
1877: 598967 t.    

Der deutsch-russische Handelsvertrag hob sofort die russische Ein- und Ausfuhr. Die Südbahn beförderte im ersten Vertragsjahre 124161 t mehr. 2408 Lokomobilen gegenüber 28994 im Vorjahre wurden nach Russland ausgeführt. Die Getreidezufuhr betrug 1896: 425462 t, 1898: 381916 t.95

Das Getreide kommt hauptsächlich aus den südlichen Gegenden aus dem Gebiete der Schwarzerde und wird zuletzt von der ostpreussischen Südbahn befördert, während auf der Ostbahn die Zufuhr aus dem nördlichen Teile des russischen Handelsgebietes hergelangt und hauptsächlich aus Flachs und Hanf besteht96 Sonst spielt unter den Zufuhrartikeln noch das Holz eine bedeutende Rolle. Es kommt auch heute noch auf dem Wasserwege, die Memel herab. Indessen steht der Königsberger Holzhandel durch den Oginsky-Kanal auch mit den Gegenden des Pripet in Beziehung.97 Mehr wie die Hälfte des einkommenden Holzes geht weiter ins Reich oder nach England. Auch für den Getreideexport Königsbergs kommen in der Hauptsache Deutschland und England, dann auch Dänemark und Schweden-Norwegen in Betracht.98 Nach Ostpreussen werden zur Zeit viel Futtermittel (Kleie, Mais und Futtergerste) eingeführt, da die Milch- und Fleischproduktion heute lohnender ist, als der reine Getreidebau.99 Samland hat daran auch einen bedeutenden Anteil. In das weitere Hinterland werden eingeführt: Kolonialwaren (Thee), Industrieerzeugnisse und Heringe.

Im Vergleich mit den russischen Ostseehäfen besitzt Königsberg zwar natürliche Vorteile: einen ständig eisfreien Hafen und nähere Lage an dem eigentlichen Getreidegebiet. Aber die politischen Verhältnisse machen den Vorteil seiner geographischen Lage unwirksam. Trotz des Handelsvertrages ist die Getreideausfuhr. in Libau (387958 t) und in Riga (283297 t) grösser als in Königsberg (248311 t).100 Klagt doch der Bericht der Königsberger Kaufmannschaft, dass auch jetzt nicht einmal in Westdeutschland die russische Konkurrenz zu überflügeln wäre.

Ostpreussen bliebe ja dann noch immer Königsbergs konkurrenzloses Handelsgebiet, das immer mehr aufgeschlossen und so für Königsberg wertvoller wird. In Königsberg laufen nicht weniger als 13 Bahnlinien zusammen,101 und der geplante Masurische Schifffahrtskanal würde auch die Wasserwegverbindung mit dem Süden der Provinz liefern.

Dass in einem Orte mit so intensivem Handel auch die Industrie aufblüht, ist nur natürlich. Im Vermittelungspunkte zwischen Industriewaren erzeugenden und einführenden Ländern hatte die grossstädtische Unternehmungslust ständig eine energische Anregung vor Augen. Noch vor wenigen Jahrzehnten war Königsberg industriearm. Überblickt man heute die Stadt, etwa vom Quednauer Berge aus, so sieht man eine schon ganz stattliche Anzahl von Fabrikschornsteinen nah und ferne rauchen. Von 1000 Einwohnern der Stadt Königsberg gehören 334 zu Industrie und Bauwesen, 204 zu Handel und Verkehr, verhältnismässig weniger als in Danzig, Stettin, Berlin oder Bremen. Aber die Zahl der Berufslosen und in Verbindung damit die der im häuslichen Dienst Beschäftigten ist bedeutend relativ grösser, womit sich Königsberg als Provinzialcentrale charakterisiert. Auf 1000 Einwohner sind nach der Zählung 1895 ohne Beruf in Königsberg 155, Danzig 132, Stettin 113, Berlin 85, Bremen 105 Personen, im häuslichen Dienst in Königsberg 139, Danzig 117, Stettin 54, Berlin 49, Bremen 24 Personen.102

Das Aussehen der Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr geändert. Die alte, eng gebaute Stadt mit den niedrigen Häusern, deren Thüren vielfach nach aussen geöffnet wurden, den schlecht gepflasterten Strassen und ungepflegten Plätzen den sumpfigen Teichen und übelriechenden Fliessen ist einigermassen modern geworden. Die Baulust regt sich eifrig, nicht nur in der Stadt; ausserhalb sind weite Ackerstücke planiert und warten nur auf das Niederlegen der Wälle, um gleichfalls bebaut zu werden. Die neuen Stadtteile können sich wegen der Rayongesetze nur in einiger Entfernung bilden. Besonders im Westen ist die Ausbreitung der Stadt zu merken. Eine ausgedehnte Villenkolonie ist hier entstanden, deren Häuser sämtlich geschmackvoll und weitläufig gebaut sind und sich daher vorteilhaft von den engen Häuserreihen innerhalb der Stadt unterscheiden.

Das Strassenbahnnetz, das allerdings einem in Königsberg sehr lebhaften Bedürfnisse entgegenkommt, hat sich jetzt gerade zu bedeutendem Umfange erweitert. Der Übergangsverkehr über den Pregel spielt sich innerhalb der Stadt auf einem engen Gebiete ab; er geht nämlich über die Pregelinsel, den Kneiphof.

An der Peripherie der Stadt befinden sich, abgesehen von einer im Südosten, keine Fahrbrücken, daher muss sich der Verkehr zwischen Nord- und Südhälfte der Stadt nach der Mitte zusammendrängen und infolgedessen herrscht hier z.B. in der Kneiphöfischen Langgasse, durch die der Verkehr zum Bahnhofe führt, ein auffallend starker Wagenverkehr. Ein ähnliches Verkehrshindernis wie der Fluss, aber in kleinerem Massstabe, bildet, der nord-südlich gerichtete Schlossteich, ein 1000m langes und 100m breites Gewässer im nördlichen Teile der Stadt. Überhängende Bäume und Gärten umrahmen seine nördliche Hälfte, im Süden steigt ein malerisches Häusergewirr direkt aus dem Wasser auf. Zahlreiche Gondeln beleben seine Wasserfläche. Der Wagenverkehr allerdings zwischen den vom Schlossteiche getrennten Stadtteilen muss den lästigen Umweg um das eine oder andere Ende herum zurücklegen.

Der lebhafte Aufschwung, den Königsberg in den letzten Jahrzehnten genommen hat, wird am besten durch seine Einwohnerzahlen der verschiedenen Jahre illustriert. Dabei hat sich die Eingemeindung einiger Vororte, die bereits ein organischer Bestandteil Königsbergs geworden sind, noch verzögert. Königsberg hatte:

1864
1885
1895
1900
101507,
151151.
172796,
187186
Einwohner.

Allerdings bleibt jetzt die procentuale Zunahme der Einwohnerzahl hinter dem Durchschnitte fast um die Hälfte zurück, beträgt 1,7 pCt. in den letzten fünf Jahren, während die deutschen Grossstädte um 3 pCt. im Mittel (ohne Eingemeinden) gewachsen sind, denn die Sterblichkeitsziffer steht hoch über dem Durchschnitte der Grossstädte, 1896 mehr als ein Drittel, und zwar sind besonders die akuten Erkrankungen der Atmungsorgane und des Darmes die wirkenden Ursachen103. Doch findet auch hierin eine Veränderung zum besseren statt.

 
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Abstammung der samländischen Bevölkerung.

Die samländische Bevölkerung hat keine einheitliche Abstammung, sondern setzt sich aus den Nachkommen der verschiedensten Völker zusammen, wie auch im übrigen Ostpreussen und in Ost-Deutschland überhaupt. Samland hatte frühe Handelsbeziehungen und hat eine exponierte Lage. Die Fremden konnten hierher am allerehesten den Weg finden, nach Stadt und Land.

Die grossen Völkerverschiebungen vor Chr. an der Südostecke des Baltischen Meeres sind nicht mehr deutlich zu erkennen. Hier wohnende germanische Völkerschaften sind seit den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt durch ein Volk verdrängt worden, das sowohl von Slaven, wie Germanen, wie Finnen verschieden, aber mit den Littauern und Letten innigst verwandt war. Dieses Volk wurde zuerst Aestier, dann Galindier, dann Sudiner, zuletzt Pruzzen genannt, wobei uns bald der Gesamtname, bald eine Stammesbezeichnung überliefert worden ist.104 Das Volk wusste sich gegen seine Nachbarn tapfer zu behaupten; auch die nordischen Eroberer, die Wikinger, vermochten sich nicht dauernd hier zu halten. Im 13. Jahrhundert unterwarf aber der deutsche Ritterorden mit Unterstützung der Christenheit das Land der christlichen Religion und seiner Herrschaft.

Die Geschicke Samlands in diesem Kampfe sind uns nicht genau bekannt. Wir hören von mehreren Streifzügen, deren wichtigster ins Jahr 1255 fällt. Samland war ohne Frage reicher bevölkert, als die benachbarten Gaue. Das spricht sich auch in der Sage aus, dass König Ottokar. bei Balga einem preussischen Edlen, Gedune mit Namen, einen Teil des Heeres gezeigt habe mit der Frage, ob er wohl damit Samland überwinden werde. Gedune verneinte es, auch als er eine zweite und dritte Abteilung vorbeimarschieren sah; erst als er auch die letzten Scharen des grossen Heeres erblickte, habe er den Sieg für gewiss gehalten.105

Die endgültige Unterwerfung wurde dadurch leichter, dass ein Teil sieh freiwillig unterwarf und auch während des grossen Aufstandes treu blieb. Dafür wurden diese andererseits in ihrem Besitze gelassen. In dem waldigen Nordwesten Samlands wurden viele Sudauer angesiedelt, Ostsamland erhielt Kolonisten aus Schalauen. So blieb die preussische Bevölkerung in Samland zahlreicher vertreten, und wenn 1410 im Ordenslande 220000 Pruzzen neben 350000 Deutschen gezählt wurden,106 so kann man Samland gleich stark von Preussen und Deutschen besiedelt denken.

Die überschüssigen Kräfte Deutschlands, die sich bisher nach dem Orient gewandt hatten, fanden hier ein näheres Unternehmungsgebiet. Auch das slavische Hinterland schickte manchen Einwanderer zu, Polen auch Russen, sobald friedliche Beziehungen mit dem Küstenlande angeknüpft waren. Von Norden her fanden sich kurische Fischer in Menge ein107 und so konnte Prätorius feststellen: Die preussische Sprache sei auf Samland durch die vielen Kolonieen aus Deutschland, die mit den Preussen vermischet gelebt, wie auch durch die dahin anländenden kurischen Fischer, ingleichen durch die schlesischen und polnischen Wittiniker ein confusum Chaos worden.108

Den einheimischen Pruzzen hier im „wilden Osten" ging es ebenso wie später den Indianern im „wilden Westen". Der Aufenthalt im Heimatlande wurde mit der allmählichen Aufgabe der alten Religion, Sprache und Sitte bezahlt. Für die persönliche Geltung der altpreussischen Bauern gegenüber den deutschen ist ein Vorgang aus dem Bauernaufstande 1525 sehr bezeichnend:

Als der Müller von Kaymen die Bauernversammlung mit feuriger Rede gegen den Adel aufgehetzt hatte, gefiel seine Rede den deutschen Landsleuten wohl, nur die preussisch Redenden verstanden sie nicht, und als es ihnen erklärt wurde, fragten sie vorsichtig nach Beweis, dass es also des gnädigen Fürsten Willen sei. Der Müller zog einen Zinsbrief mit desselben Siegel hervor und wies ihn ihnen hin; da sie nun dieses erblickten, waren sie überzeugt, denn die „armen Leute waren durch solche Briefe sogar furchtsam, wenn auch der wenigste Stallbube kam und zeigte einen Zedel, mussten sie zu allen Geschäften auf sein", sagt ein Zeitgenosse.109 Natürlich konnte sich die geknechtete Sprache nicht lange behaupten. Schon aus dem Jahre 1684 heisst es: „Es ist jetzt kein einziges Dorf mehr übrig, in welchem alle Leute die alte Sprache auch nur verstehen sollen, sondern hier und dort sollen noch einige alte Leute sein, so dieselbe verstehen."110

Nach der Reformation fanden wieder stärkere Einwanderungen nach Ostpreussen statt.

Besonders in den Städten, die wegen der Handelsbeziehungen bekannt waren, fanden sich zahlreiche religiöse Flüchtlinge ein. Im Jahre 1703 zählte man in Königsberg 501111 Refugiés, an die noch heute die „Französische Strasse" erinnert. Von den Salzburgern blieben 715 daselbst.112 Schon viel früher waren die Schotten des Handels wegen in grosser Zahl nach Preussen gekommen, wo sie sich durch die Konkurrenz unangenehm bemerkbar machten. In Königsberg suchten die Fremden wohl anfangs die eigene Nationalität zu erhalten. So bildete sich 1706 eine „Brüderschaft hochlöblicher Grossbritannischer Nation", die bis 1800 bestand.113 Die Namen einiger Mitglieder derselben sind auch heute noch in Königsberg vertreten (wie Thomson, Dogge, Douglas, Gordon u. a.) Dagegen ist die schottische Abstammung Kants sehr zweifelhaft, obwohl sie Kants eigenes Zeugnis für sich hat. Der Name Kant kommt in Deutschland übrigens sehr häufig vor, in Berlin 14mal, ist also auch kein sicherer Beweis für die fremde Herkunft.114

Heute sind die Unterschiede der Nationalität längst verschwunden, und auch die scharfen Gegensätze der Religionen sind gemildert. Um so mehr kann die Nachwelt den Segen geniessen, den der Zuzug von so vielen ernsten und geschickten Menschen bringen musste.

Dass Ostpreussen ein Kolonialland ist, das lässt sich heute noch in Charakter und Religion erkennen und es tritt eine Ähnlichkeit mit den nordamerikanischen Kolonieen in dieser Beziehung hervor.

Die Einwanderung der religiösen Flüchtlinge scheint einen gewissen Übereifer in der Religion mit sich gebracht zu haben. Wenigstens findet die Sektenbildung in Ostpreussen und besonders auch in Königsberg und Samland einen recht günstigen Boden. Die Herrschende Konfession ist die Evangelische. Katholiken giebt es 8226, die zum grössten Teile auf Königsberg (7182) und seine nächste Umgebung kommen. In Ost-Samland gehören nur 32 der katholischen Kirche an. „Andere Christen", wie das Gemeindelexikon die Sektierer aufzählt, giebt es 3745, die sich ziemlich gleichmässig verteilen. Juden wohnen nur in den grössern Orten, wo Handel möglich ist, in Königsberg allein 4076, im Samland nur 206, im Ost-Samland nur 14.

Um dem Arbeitermangel abzuhelfen, sucht man Polen ins Land zu ziehen, von denen 1901 700-900 sich in Samland aufhalten.

Nur der Vollständigkeit halber wären die Zigeuner zu erwähnen. In ganz Ostpreussen giebt es nur 408 Köpfe, im Regierungsbezirk Königsberg 98.115 Sie durchziehen wohl auch Samland auf ihren Wanderungen, da sie zum grossen Teile trotz des gesetzlichen Heimatsortes einen wirklichen, festen Wohnsitz nicht haben.

Die Sprache ist überall deutsch. Hinter der Deime beginnt erst das Littauische. Die volkstümliche Tracht, der lange, blaue Leibrock, war schon vor 50 Jahren dem modischen Schnitt gewichen.116 Der Charakter des Volkes hat sehr anerkennenswerte Eigenschaften. Der Ostpreusse, und speciell der Samländer, ist ernst, nüchtern, aber praktisch und ausdauernd. Der Kampf mit dem Boden, die Unbill der Ereignisse haben ihn spröde und selbstbewusst gemacht.117 Begabung und Geschick für volkstümliche Poesie fehlt, während in Littauen überall die Dainos erklingen. Mit Verwunderung hörte Gregorovius , wie die samländischen Hütejungen, um ein Lied angegangen, einer nach dem andern: „Morgenrot, Morgenrot ..." anstimmten. Aber warm schlägt das Herz für die Heimat und für das weitere Vaterland, mit dem bis 1866 sogar der staatliche Zusammenhang fehlte.118 Die Provinz Preussen gehörte ja nicht zum Deutschen Bunde.

 
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Zur Methode der Volksdichtedarstellung.119

Die am Schlusse der Arbeit folgenden 'Tabellen und Karte120 haben die Aufgabe, die Bevölkerungsverhältnisse Samlands darzustellen.

Folgende methodische Erwägungen sind mir bei der Anfertigung massgebend gewesen:

Die Karte muss ein möglichst genaues Bild der Bevölkerungsverhältnisse möglichst leicht zur Anschauung bringen.

Darüber ist man jetzt einig, dass nicht die absolute Einwohnerzahl der Siedelungen durch die entsprechend abgestufte Signatur, sondern dass die relative Bevölkerungsziffer, die Volksdichte darzustellen ist. Sonst ist die kartographische Darstellung doch eine halb tabellarische geblieben. Ein Generalisieren und Hervorheben des Charakteristischen, das die Wissenschaft vor allem interessiert, ist nicht möglich, das Vergleichen zweier verschiedener Gebiete ebenfalls sehr erschwert. Dabei braucht man nicht zu bedauern, dass die Darstellung der Siedelungen verloren geht, wie sie durch Ratzets Methode stattfand. Denn es lassen sich, wie wir später erörtern werden, die grössern Siedelungen je nach dem Massstabe der Karte trotzdem eintragen: ausserdem sind die Signaturen für die kleinsten Orte nach der vorigen Methode häufig - so z.B. bei der westfälischen Einzelsiedelung — Sinnbilder einer bestimmten Menschenzahl, nicht einer Siedelung. Aber der Umstand ist schon allein entscheidend, dass die Siedelungsart lange nicht so wichtig für die Bevölkerung ist, wie der sie ernährende Raum.

Da sich die Bevölkerung nicht gleichmässig über die Erde verteilt, so ist für möglichst kleine Gebiete die Dichte zu berechnen, damit Veränderungen der Dichte, die bei kurzen Abständen bedeutend sein können, zum Ausdruck kommen. Daher sind die Gemarkungen der Dichteberechnung zu Grunde zu legen. Die willkürliche, oft ungeographische Abgrenzung grosser administrativer Bezirke kann hier nicht ins Gewicht fallen. Das notwendige statistische Material, nicht allein für Grösse, Einwohnerzahl, sondern auch für Wald, Unland u.s.w., ist in den Gemeindelexika vorhanden, wie es aber der Methode der geometrischen kleinen Hilfsfiguren fehlen würde.121 Überhaupt hat diese nur einen Sinn, wenn die Grösse der Hilfsfiguren die durchschnittliche Gemarkungsgrösse um das Mehrfache übertrifft, kann sich also nicht so genau der Wirklichkeit anschmiegen, wie die Berechnung nach Gemarkungen.

Um noch genauer zu sein, kann der Begriff des Lebensraumes enger gefasst werden, d.h. solche Gebiete, die nichts zur Ernährung der Bevölkerung beitragen, können vor der Dichteberechnung von dem Gemarkungsareal abgezogen werden.

Durchaus unmöglich ist es aber, die bodenständige (in der Hauptsache also landwirtschaftliche) von der Industrie-, Handels- u.s.w. Bevölkerung zu trennen und kartographisch deutlich zu machen. Das statistische Material fehlt hierfür und wird vermutlich immer fehlen, da die Scheidung der Bevölkerung nach Erwerbsarten ortschaftsweise nicht möglich ist. In Samland sind die Fischer auch Landwirte, die Landwirte auch Kaufleute oder Gastwirte im Kirchdorfe oder in der kleinen Stadt. Gerade die Gebiete mit höherer Volksdichte haben sehr gemischte Erwerbsart122 und werden eine reinliche Scheidung nicht zulassen.
So kann man wohl diese Methode der Volksdichtedarstellung wie sie Küster forderte123 und wie
sie Hettner in seiner Theorie der Erwerbsdichte neuerdings wieder ausspricht,124 als unmöglich ablehnen.

Übersichtskarten über die verschiedenen Erwerbsarten haben wir in der „Statistik des Deutschen Reiches", und einen guten Hinweis auf Verhältnis und Lokalisation der verschiedenen Erwerbsarten erhalte ich auch von, einer ausführlichen Volksdichtekarte z.B. für Samland.

Die grossen Bezirke mit der Dichte 25-55125 entsprechen der rein landwirtschaftlichen Bevölkerung, die auch in Oberfranken,126 Oldenburg127 und mit einer kleinen Steigerung selbst im niederrheinischen Industriegebiet128 diese Dichte aufweist.

Die Steigerung der Dichte darüber wird man nun in Samland ohne weiteres auf Handel und -Verkehr rechnen, da ja Industrie ausserhalb Königsbergs noch wenig besteht, während die Anschwellungen der Dichte an den Küsten ohne topographische Kenntnis als Wirkungen der Fischerei oder des Fremdenverkehrs richtig gedeutet werden können.

Nachdem die Volksdichte berechnet und dargestellt ist, lassen sich auf einer Karte grossen Massstabes ausser der -Volksdichte bequem noch einige Momente auf der Karte verdeutlichen, die die Volksdichte bedingen. Nämlich: das Eisenbahnnetz, die Chausseen, die in Moorgegenden wichtig sein können, die Flüsse, mögen sie als Wasserstrassen dienen oder sonst nützlich sein, klimatische, geologische Grenzlinien. Die wichtigsten Isohypsen könnten die Höhenlage verdeutlichen, die Wasserscheide, die in Samland nicht ohne Einfluss ist,129 da sie einen reichern Waldbestand und somit eine geringere Volksdichte verursachte, kann eingezeichnet werden. Wälder und Unlandflächen würden ihren Platz finden ohne zu stören.

Auch die wichtigeren Siedelungen, deren Stelle ja gewöhnlich geographische Vorzüge vor der Umgebung hat, könnten mit den ihrer Einwohnerzahl entsprechenden Signaturen vermerkt werden. Es schadet gar nichts, dass sie einmal durch die Siedelungssignatur, sodann noch einmal durch die Dichtebezeichnung dargestellt sind. Dichte und Siedelungsgrösse sind eben etwas Verschiedenes — und sobald man das Verfahren kennt, ist von irgend einer lästigen Täuschung nicht die Rede.

Für einen genauen Einblick in die Ursachen der Volksdichte und ihre wissenschaftliche Bearbeitung bliebe dann das Hilfsmittel der Tabellen, die genaue Angaben enthalten könnten: über Grösse der Dichtebezirke, Wald, Unland, Einwohnerzahl, Volksdichte, Besitzverteilung: bei grösseren Gebieten über Fruchtbarkeit, klimatische und geologische Verhältnisse.

Hoffentlich werden bald die statistischen Ämter an die Herstellung einer geographischen Dichtekarte des Deutschen Reiches gehen. Denn das ist die nächste Aufgabe, der die bis jetzt vorhandenen Einzelarbeiten die Wege zeigen können. Nicht nur der Geograph hätte sein wissenschaftliches Interesse daran, alle Zweige der Staatsregierung, einzelne private Erwerbsarten Würden direkten praktischen Nutzen davon ziehen.

Über die Methode herrscht ziemlich Einigkeit. Nur eine technische Angelegenheit wird leider noch sehr verschieden behandelt. Die Andeutung der Dichte müsste nur durch eine einzige Farbe in verschiedener Intensität geschehen, damit man mit einem Blicke orientiert ist, ohne die Signaturen beständig vergleichen zu müssen.

Unter den verschiedenen Farben wird man sieh für „rot" entscheiden, da für die Darstellung der Menschendichte doch wohl die Farbe des Blutes eher geeignet ist, als blau, gelb, grün u.s.w.

Nicht unwichtig ist die Frage des Massstabes, da durch ihn die Detaildarstellung bedingt wird. Jeder Bearbeiter einer Volksdichte-Karte müsste sich bestimmt entscheiden, ob seine Karte der Specialuntersuchung dienen oder eine Übersichtskarte sein soll. Für den ersten Zweck wird 1:100000, für den anderen 1:500000 nötig sein.

Bei der praktischen Durchführung der eben aufgestellten methodischen Forderung fand sich nur eine Schwierigkeit bei der Frage, welche Gebiete sind als ertragslos auszuscheiden? Grösse des Areals und Einwohnerzahl wurden dem Gemeindelexikon für Ostpreussen (1898) entnommen. Über die verschiedene Qualität der Gelände erhält man ausführlichen Aufschluss in den „Ergebnissen der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg", herausgegeben vom Finanzministerium 1862. Der Klassifikationstarif für den Kreis Fischhausen lautet:

1
2
3
4
5
6
7
8
Ackerland:
108
81
54
42
30
18
9
3
Gärten
150
105
75
60
45
30
15
-
Wiesen
120
90
60
39
18
9
-
-
Weiden
90
60
42
24
15
6
2
-
Holzung
21
15
9
7
5
3
2
1
Wasserst.
15
8
3
-
-
-
-
-
Ödland
6
-
-
-
-
-
-
-
Unland
-
-
-
-
-
-
-
-
 
Groschen für den Morgen

Seit der Zeit der Einschätzung hat sich der Zustand des Landes vielfach geändert. Besonders die schlechten Weiden, die damals noch verhältnismässig häufiger waren, sind gewöhnlich zu Acker gemacht worden und geben bei der heutigen, grossen technischen Bildung der Landwirtschaft gute Erträge.

Aber Ödland und Unland dürften wohl auch heute noch jeder Kultur trotzen; ebensowenig werden die Wasserstücke und Bäche irgend einen nennenswerten Ertrag geben, da Teichwirtschaft vorläufig sehr wenig in Samland betrieben wird. Ödland, Unland, Wasserstücke und Bäche sind daher vor der Dichteberechnung vom Gemarkungsareal abgezogen und unter der Rubrik „Unland" aufgeführt worden.130

Vergleicht man den Grundsteuerreinertrag der ersten Klassen Waldes mit den letzten des Ackers, so erscheint es unzulässig, den Wald als ertragloses Gebiet anzusehen, den schlechten Acker aber nicht. Und doch ist so von mir verfahren worden und zwar in folgender Erwägung: Der Waldbesitzer hat in Samland regelmässig ein viel grösseres Stück Ackerland; es zeigt sich das ganz deutlich bei den Gütern, die doch als einzelnes Besitztum im Gemeindelexikon (1888) aufgeführt werden. Die Gemeinden besitzen aber verhältnismässig noch viel weniger Wald.131 Da nun der Landmann ganz bequem in der Zeit, in der die Feldarbeit ruht, die wenige Waldarbeit besorgen kann, so braucht er zu den Waldarbeiten nicht mehr Leute aufzunehmen, als er sonst brauchen würde. Ein guter Wald wird den Wohlstand des einzelnen Besitzers, aber nicht die Arbeiterschaft merklich vermehren. Am Acker, auch an einem schlechten, kann alljährlich ein viel grösseres Kapital an Arbeitskraft, Dünger und Aussaat angewandt werden, als an einem gleich grossen, wertvollen Walde und daher wird auch ein unfruchtbares Gebiet, so lange es überhaupt geackert wird, mehr Menschen beschäftigen und ernähren, als ein gleich grosses Waldgebiet. Die Wälder wirken also auf die -Volksdichte ungünstig ein und sind vom Gemarkungsareal als ertraglos abgezogen worden.132

Die Wälder bleiben auf der Karte am besten weiss, denn sie bedeuten eben Lücken in der Ökumene.

Dagegen ist die verschiedene Bezeichnung von Laub- und Nadelwald wichtig. Im frühen Mittelalter war der Nadelwald nutzlos, der Laubwald mästete Schweine. Ihre Zahl war der Wertmesser des Waldes, so dass man den Ausdruck hatte: Ein Wald von so und so viel Schweinen.133 Noch im Jahre 1545 bezog der Bischof von Speier 10000 FL Eckerichsgeld134 von einem Walde, der nur 8000 ha gross war. Heute hat sich die Wertschätzung geändert, man kultiviert lieber den Nadelbaum, weil er rascher an Holzwert zunimmt wie der starkästige Laubbaum. Indessen könnte sich doch der ehemalige verschiedene Nutzungswert des Waldes auch heute noch in den Volksdichte- und Siedelungsverhältnissen besonders im westlichen Deutschland markieren.

Ferner finden sich in den Ergebnissen der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung die Gebiete zusammengestellt, die wegen ihrer Benutzung zu öffentlichen Zwecken keinen Ertrag geben, nämlich : Wege, Chausseeen, Eisenbahnlinien und Dorfanger, ferner die Wohnplätze. Diese Gebiete werden heute noch gewachsen sein. Aber der Landmann braucht Wege und Wohnplätze zu seiner Existenz genau so notwendig, wie den Acker selber. Chausseeen und Eisenbahnen kommen zwar eher den grösseren Siedelungen zu gute, aber sie nützen auch der gesamten Gegend. Die Landwirtschaft kann bequemer ihre Produkte verkaufen, Maschinen, künstlichen Dünger von auswärts erhalten und so wird indirekt die Volksdichte günstig beeinflusst. An Chausseeen und Haltestellen pflegen sich Kätner eher anzukaufen, und so wird auch direkt eine Erhöhung der Volksdichte bewirkt. Diese Gebiete sind daher zum Lebensraume gerechnet worden.
Die Aufstellung der „Extensitätsziffer",135 d.h. wieviel Prozent des Bodens intensiv genutz werden, ist unterlassen worden. Man darf zum intensiven Betriebe nicht wie Friedrich, allein Äcker und Wiesen rechnen, denn Weiden unterscheiden sich von den Wiesen durch die Art der Benutzung, nicht durch verschiedene Ertragfähigkeit. Einen Ersatz bildet aber das hier genauer bestimmte ertraglose ausgeschiedene Gebiet, das sozusagen das Supplement zur Extensitätsziffer bildet.

Auch die Fruchtbarkeitsziffer Friedrichs, d.h. der auf jeden Hektar des intensiv genutzten Bodens entfallende Grundsteuerreinertrag ist hier nicht berechnet, denn diese Angabe darf keinen besonderen Wert beanspruchen. Gebiete mit sehr verschiedener Fruchtbarkeit haben doch gleiche Volksdichte und so ist die Fruchtbarkeitsziffer der Dichtebezirke, d. h. der Vereinigungen von Gemarkungen mit gleicher Dichte das arithmetische Mittel von sehr verschiedenen Werten. Man kann also an der Hand dieser Fruchtbarkeitsziffer kaum Untersuchungen über die Wirkung der Fruchtbarkeit auf die Volksdichte anstellen. Ein solcher Einfluss tritt überhaupt erst bei sehr grossen Unterschieden in der Güte zweier Gebiete zu Tage. Häufig ist der umgekehrte Fall zu beobachten: Wenn eine Gemarkung guten und schlechten Boden hat, so befindet sich der gute Boden in den Händen grösserer Besitzer, der schlechte wird von vielen kleineren bebaut. Das unfruchtbare Land wird lieber und billiger abgegeben und leichter von Kätnern erworben, während der gute Grund von jeher reiche Nachbarn zum Erwerb reizen musste und dem jedesmaligen Besitzer andrerseits auch eher die Mittel in die Hand gab, das Grundstück zu vergrössern. Eine stärkere Besitzverteilung bewirkt aber auch sofort eine Erhöhung der Volksdichte. Denn der Grossgrundbesitzer nimmt nur das notwendige Arbeiterpersonal auf, für 25 ha eine Instfamilie etwa, während 5 Kätnerfamilien davon reichlich ihren Unterhalt haben könnten.

Im Anschlusse daran ist zu erwähnen, dass die Geest in Oldenburg ebenso dicht oder dichter bevölkert ist, als die Marschen.136

Das ist auch zu betonen, dass eine starke Volksanhäufung stets zur Besitzverkleinerung führen wird. Jedenfalls steht die Besitzverteilung in so nahem Verhältnisse mit der Volksdichte, dass ich sie vor allem statistisch ausdrücken wollte. Zu benutzen war hierzu auch nur die Publikation von 1862, die also ein gutes Menschenalter zurückliegt. Wenn nun auch die Besitzerzahl, die dort hinter jeder Gemarkung angegeben ist, sich hier und da etwas geändert haben wird, so ist ein Ausgleich der Fehler darin zu hoffen, dass mehrere Ortschaften zu grössern Dichtebezirken gewöhnlich vereinigt sind. Änderungen in der einen Gemarkung können durch die entgegengesetzten in der andern aufgehoben werden. Ausserdem ist die Angabe der Besitzverteilung, d.h. wieviel ha durchschnittlich auf den Besitzer kommen, nicht auf den Einwohner — so wichtig, da hierdurch die socialen Verhältnisse deutlich werden, dass selbst in einzelnen Fällen nicht mehr zutreffende Bestimmungen dabei gerne in den Kauf zu nehmen wären.

Von der Aufstellung der Wohlstandsziffer gemäss der Arbeit Friedrichs ist Abstand genommen worden, (der auf den Kopf entfallende Grundsteuerreinertrag) weil sie sehr umständlich zu ermitteln ist, kaum grossen Wert hat und einen Ersatz in der „Besitzverteilung" findet.

Nachdem für jede Gemarkung nach den eben erörterten Principien die Dichte berechnet war, wurden die Gemarkungen mit ungefähr gleicher Dichte vereinigt und zwar unter dem zweifachen Streben nach möglichst guter Übersicht und noch möglichst genauer Darstellung der Wirklichkeit. Für die so gewonnenen „Dichtbezirke" wurden die Durchschnittswerte berechnet und in den folgenden Tabellen aufgeführt.

 
 
 
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Inaugural-Dissertation: Samland und seine Bevölkerung von Rudolf Jankowsky, Tabelle I
 
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Inaugural-Dissertation: Samland und seine Bevölkerung von Rudolf Jankowsky, Tabelle II

 
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Inaugural-Dissertation: Samland und seine Bevölkerung von Rudolf Jankowsky, Tabelle III

 
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Inaugural-Dissertation: Samland und seine Bevölkerung von Rudolf Jankowsky, Tabelle IV

 
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Inaugural-Dissertation: Samland und seine Bevölkerung von Rudolf Jankowsky, Volksdichtekarte

 
     
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Thesen.

I. Der Oberlauf der heutigen Deime ist durch Menschenhand in der Ordenszeit hergestellt worden, und es hat hier ein ständiger Wasserzufluss vom Pregel ins Kurische Haff früher nicht bestanden.


II. Die Ansicht Spahns, dass mit dem Jahre 1617 ein Aufschwung Deutschlands beginne, stimmt mit den Thatsachen nicht überein.


[Spahn. „Der Grosse Kurfürst", S. 37. Weltgesch. in Charakterbildern. Verl. Franz Kirschheim, Mainz 1902.]

 
 
 
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Lebenslauf.

Ich bin am 22. Februar 1877 zu Eggleningken (Reg.-Bez. Gumbinnen) geboren, als Sohn des Gutsbesitzers Carl Jankowsky daselbst.
Bis zu meinem elften Jahre besuchte ich die Dorfschule, wurde dann in die Sexta des Königl. Friedrichs-Gymnasiums zu Gumbinnen aufgenommen, das ich Ostern 1897 mit dem Zeugnis der Reife verliess. Ich studierte darauf an der Albertina Geographie und Geschichte und bestand am 17. Februar 1902 das Examen Rigorosum.
Während meiner Studienzeit hörte ich die Vorlesungen der Herren:

Baumgart, Benrath, Busse, Erler, Gerlach, Hahn, Hallervorden, Jeep, Kowalewski, Lohmeyer, Prutz, Rühl, Schade, Seraphim, Toljiehn, Uhl und Walter,

denen ich, insbesondere den Herren Prof. Hahn und Prof. Erler für mannigfache Anregungen und stets freundlichst erteilten Rat während meiner Studienzeit an dieser Stelle meinen herzlichen Dank ausspreche.


Rudolf Jankowsky.

 
     
     
     
     
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  Fußnoten  
 

1 [JS: Quadratkilometer; heute: km2]

2 Die Deime gilt allgemein als die Ostgrenze Samlands. Bötticher rechnet in seinen „Bau- und Kunstdenkmälern von Samland" ganz willkürlich die drei Kreise Fischhausen. Landkreis Königsberg und Labiau zu Samland. Von den Bewohnern selber wird gewöhnlich nur das Stück westlich von der Richtung: Pregelmündung - kurische Nehrung darunter verstanden. - Ob die alten Samen bis zur Deime gesessen haben ist nach T ö p p e n („Histor. Kompar. Geographie"
S.
 24) zweifelhaft.

3 Panzer, A. M. 1889 S. 259 ff.

4 Simon Grunau, „Preuss. Chronik-, hrsg. v. Perlbach_ Leipzig- 1878. Bd. I. S. 69 u. 70.

5 Hahn. Bemerk. über einige Aufg. d. Verkehrsgeogr. Z. für wissensch. Geogr. hrsg. v. Bettler. V. Wien 1885.

6 Segelhandbuch d. Ostsee III, S. 268. Berlin 1899.

7 Berendt, "Geol. des kurisch. Haffes und sein. Umgebung" S. 80. Reelus. Nouvelle Géogr. univers. II. S. 690 f.

8 Die normännische Küste zeigt einen ähnlichen Landverlust : 1/3 m im Jahre. an einer Stelle sogar 2 m. Das aus Kreide bestehende Ufer ist dort durchschnittlich doppelt so hoch als das samländische. Aber wegen der starken Gezeiten ist dort der Angriff des Meeres wieder kräftiger.

9 „Die Weichsel. der Pregel und die Memel" 1899. herausgegeben v. Keller. Tabellenbd. S. 5.

10 Ebenda "W. Pr. M." Rd. II. S. 508.

11 Ebenda "W. Pr. M." Bd. II. S. 459.

12 W. Pr. 31. Tabellenbd. 5. 463, Tag 5.

13 W. Pr. M. II. S. 465.

14 Zweck versucht in A. M. 1896 S. 110 ff.. wie ich glaube. vergeblich nachzuweisen. dass ein ständiger. grösserer Wasserabfluss bestanden habe. In der heutigen Gestalt kann die Abmündung der Deime nicht geschehen sein und wäre sie etwas östlicher gewesen. müssten sich unbedingt Spuren des alten Flusslaufes vorfinden. Es wäre ferner wunderlich. dass die Burg nicht auf Aufschüttungen und direkt an der Teilung angelegt wurde, dass sich der Orden die Mühe machte. eine Verlegung der Deime auf 1 1/2 km Länge vorzunehmen. Dazu meldet die Tradition ausdrücklich. der Oberlauf der Deime sei künstlich gegraben.

15 W. Pr. M. II. S.472

16 Töppen. Histstor. Compar. Geogr. v. Pr." S. 20.

17 Stat. d. D. R. Bd. 117 8. 2 f.

18 So spricht Gebauer „Kunde des Samlandes" 1844 S. 11; ferner Ambrassat „Ostpreussen" S. 22 von Höhenzügen, die vom Galtgarben nach Norden, Süden und Nordwesten ausgehen sollen.

19 Vergl. die Karte. (Nach Jentzch u. Vogel „Höhenschichtekarte" von Ostpr. u. Westpr. Sekt. Königsberg in d. „Schr. d. Phys. Ök.-Ges. 1895. Jg. 36.)

20 Bei Jentzsch leider nicht erwähnt „Nachweis d. beachtenswerten Bäume u. Sträucher Ostpreussens. „Sie ist ungefähr 80 Jahre alt und sowohl wegen ihrer Gestalt mit den herunterhängenden Ästen wie wegen ihrer Lage beachtenswert und zu schützen."

21 Der Lindenberg liegt bei Kirpehnen und vermutlich hat Bötticher. Samland S. 53 ihn als Galgenberg gemeint, überhaupt zeigt Böttichers verdienstvolle Arbeit in Einzelheiten bisweilen Ungenauigkeit. Südlich von Thierenberg und bei Gr. Dirschkeim giebt es auch einen Galgenberg.

22 Bötticher, „Samland." S. 37.

23 Hierbei sei die Notiz gestattet. dass das Ostufer der Fischhausener Bucht eine gleiche „schwarze Waldschicht" wie die kurische Nehrung über Wasser zeigt.

24 Berendt „Geol. Karte der Prov. Preussens Sect. West-Samland."

25 Bötticher, "Samland". S. 157.

26 Nach Panzer. A. M. 1889. S. 259 f.

27 Geolog. Karte.

28 Jentzsch. Nachweis der beachtenswerten und zu schützenden Bäume. Sträucher und errat. Blöcke in Ostpr. Königsberg 1900. S. 103.

29 Berendt. Geol. Karte, Sect. West-Samland.

30 Schr. der Phys.-Oek. Ges. 1867. Berendt. Karte zur Verbreit. des Tertiärgebirges.

31 ergl. S. 27, Anmerk. 1.

32 W. Pr. M. II, S. 345.

33 Ber. d. Ostpreuss. Fischerei-Ver. 1889/90.

34 Da wo sich die nordwestliche und nordöstliche Abflussrichtung berühren. Vgl. S. 7

35 Vergl. S. 6

36 Stat. d. D. R., Neue Folge, Bd. III., S. 342.
[JS: pCt = Prozent; heute: %]

37 Lullies, Landesk. v. Ost- u. West-Preussen. 4. Aufl. Breslau 1898. S. 15.

38 Annal. d. Hydrogr. u. marit. Meteorol. VI. 1899.

39 Königsb. Allgem. Ztg. 22. I. 1901.

40 Die eingeklammerten nicht in Samland.

41 W. Pr. M., Tabellenbd. S. 49.

42 W. Pr. M., Tabellenbd. S. 42. n. 43.

43 Zweck, „Littauen", D. L. u. L. Stuttgart 1898. S. 114.

44 Ackermann, „Die Ostsee". Hamburg 1883. S. 265.

45 Lullies, „Landeskunde", 8'. 16. Im Pregelthal. besonders auf dem Abhange der Nordseite mit intensiverer Besonnung tritt die Blüte einige Tage früher ein. Jent zs h, „Frühling 1893". Sehr. d. Phys.-Oek. Ges. 1894.

46 Hellmann, Regenkarte der Provinz Ostpreussen. Berlin 1900.

47 Provinz Preussen. Königsberg 1863, S. 272

48 Jentzsch. „Nachweis d. beachtensw. Bäume. Str., err. Bl. Ostpreussens".

49 W. Pr. M. II, S. 349.

50 Stat. d. D. R., Bd. 111, S. 343, Tabellen Nr. 15,

51 Wagner, Lehrbuch der Geographie 1900, Bd. I, S. 806.

52 Die Einnahmen der Kranzer Bahn betrugen 1898 auf 1 km Betriebslänge aus dem Personenverkehr: 8570 Mk., aus dem Güterverkehr: 1621 Mk. Bei der Pillauer Bahn aus dem Personenverkehr: 5172 Mk., aus dem Güterverkehr 14206 Mk. Stat. d. Eisenbahn. Deutschlands, Tabelle 19.

53 Am 14. Juli 1900.

54 [JS: Isochronen (v. griech.: ἴσο iso = gleich + χρόνος chronos = Zeit) sind Linien gleicher Zeit oder gleichen Eintritts eines Ereignisses. (Wikipedia)]

55 W. Pr. M. II, S. 351.

56 Preuss. Stat. 153, J. 1897, S. 10.

57 von den 600 Siedel. haben 250 diese Lage.

58 Südlich von Kranz: Mülsen, Bledau, Nuskern u. a., im nordöstl. Samland: Neuhof, Theut, Gr. u. Kl. Scharlack.

59 Labagienen, Taktau; Lablack auf einer „diluvialen Halbinsel".

60 Heiligenwalde, Susannenthal, Holstein, der Königsberger Stadtteil „Haberberg" liegen
auf solchen Inseln.

61 Margen, Kaporn u. a.

62 Langendorf, Wargienen, Koddien bei Tapiau, Lawsken. Juditten bei Königsberg.

63 Podollen und Arnau.

64 Tesdorpf, „Bernstein in Preussen" 1887, S. 20.

65 Tesdorpf, Beilage 15.

66 Stat. d. D. R. 111, S. 342.

67 Binnenfischerei treiben
im Kr. Fischhausen 375 Personen.
im Frischen Haffe etwa 200 „
im Landkreise Königsberg 288 „
im Frischen Haffe 150 „
im Kreise Heiligenbeil 309 „
im Kreise Braunsberg 73 „
zusammen
auf dem Frischen Haffe 700 Personen.

Rechnet man auf diese 700 gewerbsmässigen Fischer eine Einwohnerzahl von 4000, während die Fläche des Frischen Haffes. die auf diese Kreise entfällt, 579 qkm erhält man die Dichte 7. Unberücksichtigt bleibt dabei der landwirtschaftliche Erwerb.

68 Sturmsignalstellen 1. Klasse befinden sich in Pillau. Palmnicken, Brüsterort und Kranz, Rettungsstationen: in Pillau, Kraxtepellen, Neukuhren. Segelhandb. d. Ostsee III, 1899 S. 281 ff.

69 Ann. d. Hydro. u. markt. Meteorl. V. 1899.

70 Gebauer, „Kunde des Samlandes" 1844, S. 14.

71 Vergl. S. 19

72 Bericht d. Ostpr. Fischerei-Vereins 1892/93.

73 Stat. d. Deutsch. R. 111, S. 343. Tabelle 18.

74 Bötticher, „Samland", S. 119.

75 Ich möchte nur an die prächtigen „Sommeridyllen vom samländischen Ufer" von Gregorovius erinnern. Deutsches Museum 1852.

76 z.B. in Wargen und Quednau.

77 Altpr. 31. 1896. S. 115.

78 Bötticher. „Samland". S. 70.

79 Vergl. auf Seite 21 die Einwohnerzahlen.

80 Altpr. M. 1867, S. 531.

81 Bötticher, Bau- und Kunstdenkm. v. Ostpr. II, S. 167.

82 Bötticher, „Samland" S. 44.

83 Bötticher, „Samland" S. 118.

84 [JS: Balga oder Honeda (russisch Бальга oder Bal'ga, polnisch Bałga) ist der Name einer Burg und ehemaligen Ortschaft in der russischen Oblast Kaliningrad (bis 1945 Ostpreußen). Der Flecken ist nach der prußischen Burg (pr. balgnan = Sattel) benannt, die 1239 im Zuge der Christianisierung vom Deutschen Ordens eingenommen und dann ausgebaut und befestigt wurde. Der parallel gebrauchte Name Wuntenowe bezieht sich auf die Lage am Wasser (altprussisch: undan, wundan). Hieraus entwickelte sich die deutsche Bezeichnung Honede/Honeda. (Wikipedia)]

85 Bericht der Königsberger Kaufmannschaft 1898 S. 35.

86 Lohmeyer, "Geschichte von Ost- u. Westpreussen" Gotha 1880, S. 221. Dagegen meint Prutz. "Kulturgesch. d. Kreuzz." 1883, S. 260, bei der Namengebung von Königsberg hätte eine ähnliche Namenübertragung aus dem heil. Lande stattgefunden, wie an zahlreichen andern Ortsnamen Preussens; und Königsberg wäre nach castrum regis (regium) oder nach mons regalis Montroyal) genannt. Letztere Burg, im Süden des toten Meeres gelegen und zur Deckung der Karawanenstrasse nach Ägypten bestimmt, hätte sogar eine ähnliche Lage und Bestimmung gehabt wie Königsberg.

87 Lohmeyer, „Geschichte von Ost- und Westpreussen", S. 93.

88 Vergl. S. 6.

89 Dullo, „Geb., Gesch. u. Char. d. Seehand. d. gröss. deutsch. Ostseepl.", S. 92. Staatsr. Stud. v. Elster II, 3. 1888.

90 Dullo, S. 87.

91 Grenzboten 1885. Nr. 18.

92 Dullo, S. 92.

93 Dullo, S. 92.

94 Bericht des Vorstandes der Königsb. Kaufmannschaft, 1894, S. 5.

95 Ebenda 1898, S. 43

96 Dullo. S. 92.

97 Bericht d. Vorst. d. Königsberger Kaufmannschaft, 1898. S. 63.

98 Ebenda S. 45.

99 Ebenda S. 48.

100 Bericht d. Vorsteheramts d. Königsb. Kaufmannschaft. 1898. S. 30.

101 Die Linien Zinten-Heilsberg und Zinten-Allenstein sind dabei auch gezählt.

102 Arthur Dix, „die Deutsch. Ostseest." Preuss. Jahrb. 101. 1900 S. 469.

103 Königsb. Allgem.. Zeitung 22. 1. 1901.

104 Virchow. Zeitschr. f. Ethnologie. 1891, S. 769 f.

105 Dusburg. e. 70.

106 Olck, „Nationalität in Ostpr.", Prussia 1880 81. S. 33

107 Bezzenberger, „Die Kur. Nehr. u.i. Bewohner." Stuttgart 1889. S. 106

108 Acta Borussica. II. S. 82.

109 Johannes Camerarius, „Historie v. Aufruhr der saml. Bauern." Erläut. Preussen II. 334.

110 Lohmeyer. Gesch. von Ost- und Westpr., S. 8.

111 Armstedt. „Gesch. Königsbergs" S. 194

112 Armstedt. S. 257.

113 Sembrcyeki. Altpr. M. 1892. S. 299f.

114 Paulsen, „Imanuel Kant" 1898. S. 25 Anm.

115 Sowa. Zeitschrift für Völkerpsych. und Sprache. 1888 S. 83.

116 Gebauer. Kunde des Samlands. 1844. S. 67.

117 Schrader, "Erfahrungen und Bekenntnisse", 1900, S. 161.

118 Mit Recht hat v. Koschitzky in seiner „Deutschen Kolonialgeschichte" Ostpreussen. wie überhaupt Ost-Elbien als deutsche Kolonisationsgebiete behandelt, wie Kamerun u.s.w.

119 Unter den zahlreich erschienenen Arbeiten des letzten .Jahrzehnts sind zu erwähnen:

Friedrich. „Die Volksdichte im Regierungsbezirk Danzig". Königsberger Dissert. 1895 (giebt die erste geographische Volksdichtekarte).

Neukirch. Studien über die Darstellbarkeit der Volksdichte-. (Wasgau) Dissert. Freiburg i. B. 1897 (giebt ein schätzenswertes Litteraturverzeichnis).

Sandler. "Volkskarten" München 1898 (versucht landwirtschaftliche und nicht landwirtschaftliche Bevölkerung verschieden auf der Karte darzustellen).

Ambrosius. „Die Volksdichte am deutschen Niederrhein". Forschungen z. D. Landes- und Volkskunde. Heft 3, 1901. (Auf S. 157 ff. Litteraturverzeichnis und Zusammenstellung der bisher bearbeiteten Gebiete des Deutschen Reiches.)

120 Die beigegebene Karte im Massstabe 1:500000 ist eine Übersichtskarte von einer Volksdichtekarte Samlands 1 : 125000, deren Veröffentlichung in nächster Zeit erfolgen soll.

121 Siehe Neukirch, S.:36.

122 z.B. im Wasgau. Neukirch ebenda S. 69,

123 Küster, „Zur Methode der Volksdichtedarstellung'", Ausl. Jhg. 64.

124 Hettners Geogr. Zeitsehr. 1901. S. 505.

125 Siehe die Karte.

126 Sandler, Volkskarten.

127 Sandler, Volkskarten.

128 Ambrosius. "Volksdichte am Niederrhein", Karte.

129 Vergl. S. 25.

130 In der Stadt Königsberg wird der Boden nicht nach der Ertragfähigkeit, sondern nur nach dem Raume bewertet. Sogar das Wasser ist hier zum bewohnten Lebensraume geworden. Am 1. Dezember 1895 waren 3 Boydaks, 5 Kähne und 156 Schiffe bewohnt. Hier kann also, um das Princip der Genauigkeit durchzuführen. das ertraglose Gebiet nicht ausgeschieden werden, wenngleich sich die Dichte von Königsberg dadurch nicht merkbar ändern wird.

131 s. Gemeindelexikon von Ostpr. 1888.

132 und zwar nach dem Gemeindelexikon 1888, da hier die jüngsten statistischen Angaben über die Grösse der den Gemarkungen angehörigen Wälder sind.

133 Gradmann, „Das mitteleuropäische Landschaftsbild nach seiner geschichtl. Entwickelung". Hettners G. Z. 1901.

134 Hausrath, „Verbreitung der wichtigsten einheimischen Waldbäume in Deutschland". Hettners G. Z. 1901.

135 Friedrich. S. 37.

136 Sandler „Volkskarten" S. 10

 
 
 
     
 

Anmerkung:

Von dieser Arbeit sind nur noch zwei Originalexemplare in der Familie erhalten, die sich heute im Besitz der Enkel Urte Schoenings, geb. Jankowsky befinden.

Die vorliegende Kopie der Diss. wurde 1972 von mir hergestellt. Das Original dazu liegt in der Universitätsbibliothek Göttingen.

Es ergab sich noch die Frage, ob der Text an die aktuelle Rechtschreibung, in erster Linie „ss“ - „ß“ angepasst werden sollte. Da Rudolf Jankowsky aber alte Texte auch in ihrer ursprünglichen Form zitierte, habe ich mich entschieden, seine alten Schreibweisen zu übernehmen.

Jost Schaper, Bad Pyrmont, im Januar 2011

 

 
     
 

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Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Haftung übernommen.

Ausschlaggebend ist ausschließlich das Original, das, z.B., in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen unter der Signatur 8 DISS PHIL Königsberg 1901/02 Jankowsky, eingesehen werden kann.

Dank an Herrn Andreas E. Regius, Wien, für die Bearbeitung der PDF-Datei.