Mein erstes Kind

(Jost-Rudolf Schaper, geb. 01.01.1945 - gest. 18.01.1945)

Erinnerungen von Brigitte Schaper, geb. Jankowsy

 

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Geburts- und Todesanzeige für Jost-Rudolf Schaper, 1945

(Entwurf und Zeichnung der Karte:
Ingrid Buchinger, Bad Pyrmont)

 

Mein liebes kleines Kind,
Du sollst nicht ganz vergessen werden, und sei es auch nur, dass in den Aktenordnern von Jost Dein kleines, kurzes Leben aufgezeichnet ist.
Aber Du warst doch da. Wie viel Hoffnung und Liebe sind mit Dir begraben worden.
Es ist jetzt 54 Jahre her [dies wurde also 1999 geschrieben], und doch wird kein Weihnachten vergehen, kein Neues Jahr durch ein fröhliches Silvesterfest willkommen geheißen, ohne dass ich nicht an diesen Tagen, wenn ich eine stille Stunde habe, an Dich zurückdenken muss, und wie farbige Bilder tauchen die wenigen Stunden, die Du hier auf der Erde warst vor meinen Augen auf.
[...]

Lange Jahre habe ich nach einem Ausdruck dieses für mich so schmerzlichen Erlebnisses gesucht. Es sollte kurz sein und doch alles sagen. Hier zu Hause hatte ich ja niemals Ruhe, es waren zu viele Menschen und tägliche Anforderungen.
Auf einer Fahrt nach Hermannsburg [zwischen 1956 und 1959], fand ich dann die Worte:

 

Du zeigtest mir den Weg

Es war sehr kalt und alles lag voll Schnee.
Wir gingen einen Weg, den ich vorher noch nie gegangen.
Man trug Dich vor mir her in einem kleinen weißen Sarg.
Niemals vorher sah ich so einen kleinen Sarg.
Und ich war wie betäubt -
Der Männer Schritte knirschten leis -
Und als der Zug um eine Biegung schritt,
Da streckte vor uns sich ein langer Weg,
Von Birken eingesäumt
Und hinten war ein Tor, - verschlossen -,
Nie mehr im Leben hab' ich dieses Bild vergessen.
Den langen Weg und hinten dieses Tor, verschlossen -
Und eines Tages wird das Tor geöffnet sein.
Wenn ich jetzt manchmal an das große Dunkel denke,
Dann fass' ich in Gedanken Deine kleine Hand
Und denke, dass Du wartest -
Du zeigtest mir den Weg.

 

 

 


Letzte Aktualisierung: 09.02.2009